Die landständische Verfassung im Kurstaate Trier,
| vornehmlich im XVI. Jahrhundert.
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Inaugural -Dissertation
zur
Erlangung der Doktorwürde
genehmigt von der
philosophischen Fakultät
der
Rheinischen Friedrich=Wilh elms=Universität
zu Bonn.
Von
Gustav Knetsch
aus Ratingen bei Düsseldorf.
Promoviert am 15. Oktober 1909.
& R A
Berlin 1909
Druck von Emil E b
Mitteistrasse 29.
ing
MAY 2 5 1911
ry of TO
Berichterstatter:
Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. v. BezoSd.
Mit Genehmigung der Fakultät kommt hier nur ein
Teil der eingereichten Arbeit zum Abdruck. Die ganze
Abhandlimg wird unter dem Titel „Die landständische Ver-
fassung und r e i ch sritterschaftli ch e Bewegung im Kurstaate
Trier, vornehmlich im XVI. Jahrhundert" in den „Histo-
rischen Studien", im Verlag von Emil Ebering in Berlin,
erscheinen.
■
Meinen Eltern,
Meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Geheimrat
von Bezold, möchte ich auch an dieser Stelle für die freund-
liche Unterstützung- und Förderung meiner Arbeit herzlich
danken.
Berichtigungen.
Seite 19 Zeile 6 Hess: commissionem — 24, 29: oder statt der — 38, 2fc> :
stattfinden, damit — 46, 19: Landsteuern — 56 Anm. 33 Leibschatz — 60 Anm. 13:
Eucharius — 74. 10: von statt rein — 77. 11: anliero statt anhno — 85 Anm. 49
Z. 9: ingang statt Zugang — 97, 9: incons. — 102, 8: Kaisersesch — 103, 25: Schönberg,
Kempenicb statt Schöneck ....
Inhaltsübersicht.
I. Die trierischen Landstände.
1. DieSubsidien des Klerus bis zu seiner Vereinigung mit den Ständen 15
2. Die weltlichen Stände bis zum Jahre 1501 26
II. Organisation der Stände im XVI. Jahrhundert.
1. Das Domkapitel , 44
2. Die geistliche Kurie 46
3. Die Adelskurie 48
4. Städte u. Landschaft, Vertretung des Landmanns, Amtleute . 54
III. Der Landtag.
1. Berufung etc: Ausschuß, keine besondere Heimlichkeit, Land-
tagskosten, Ort 57
2. Gegenstand der Verhandlungen, Wollordnung, Judenfrage . . 62
IV. Die ständischen Steuern.
1. Matrikularumlage und gemeiner Pfennig 70
2. Die trierischen Stände und der gemeine Pfennig 75
3. Die Stände und die Matrikularumlage 79
4. Die Ritterschaft und die Landsteuern. Das Beedeedikt ... 81
5. Besteuerung der Landschaft. Die Akzise 92
6. Besteuerung der Geistlichkeit, Landschaftskasse 97
7. Anhang. Repartitionslisten 101
V. Die reichsritterschaftliche Bewegung.
1. Der niedere Adel und die Territorialherrschaft
2. Die Opposition des südwestdeutschen niederen Adel gegen die
Reichsreform und den gemeinen Pfennig, Sickingen und der Tag
zu Landau. Beginnende Hinwendung zum Kaiser und zur
Reichsunmittelbarkeit im Anschluß an den gemeinen Pfennig
von 1532 bzhw. 42
VI. Der rheinische Ritterkreis.
1. Sein Umfang
2. Organisation
— 8 —
3. Die Charitativsubsidien .......
4. Verhältnis zur Landesherrschaft und Entwicklung der genossen-
schaftlichen Gerichtsbarkeit • . . .
VII. Die reichsritterschaftliche Bewegung in Chur-Trier.
1. Untergang der alten Reichsministerialen
2. Ritterschaft und Hofgericht . . ,
3. Zur Bedeutung der ländlichen Gerichtsverfassung für die
reichsritterschaftliche Bewegung . . . -. .
4. Der Prozeß mit Landesherrn und Ständen, verschiedene
Vergleichsversuche
5. Neubelebung des Streites zu Beginn des XVIII. Jahrhunderts
und Vergleich von 1729
Verzeichnis der häufiger zitierten Literatur.
v. Below, Territorium und Stadt, 1900.
— Die landständische Verfassung in Jülich und
Berg bis zum Jahre 1511, 1885—91.
Die L a n d t a g s a k t e n von Jülich u. Berg UO 1—1610, 1895.
Bodmann, Rheingauische Altertümer 2 B. 1819.
Burgermeister, Codex diplomaticus equestris.
Felln er, Die fränkische Ritterschaft 1495—1521, Historische Studien,
Heft 50, Berlin, Ebering.
Goerz, Regesten der Erzbischöfezu Trier 1859.
— Mittelrheinische Regesten 1876—86.
Günther, Codex diplomaticus Rheno-Mosellanus 1822 f.
Hontheim, Historia Trevirensis diplomatica et pragmatica 1750.
— Prodrom us historiae Trevirensis 1757.
Kerner, Staatsrecht der unmittelbaren freien Reichsritterschaft 1786— 89.
Lager, Johann II. v. Baden, im trierischen Archiv, Ergänzungsheft
IV, 1905.
Lamprecht, Deutsches Wirtschaftsleben im Mittelalter.
L ü n i g , Reichsarchiv 1710—22.
Marx, Geschichte des Erzstifts Trier 1 858 f.
Moser, Staatsrecht des kurfürstlichen Erzstifts Trier 1740.
Neue und vollständige Sammlung der Reichsabschiede 1747.
Riezler, Geschichte Bayerns 1878.
Roth v. Schreckenstein, Geschichte der ehemaligen freien Reichsritter-
schaft.
Sauerland, Trierische Taxen und Trinkgelder an der päpstlichen
Kurie, während des späteren Mittelalters. Westdeutsche
Zeitschrift XVI, 1897.
S c o 1 1 i , Sammlung der Gesetze und Verordnungen, welche in dem
vormaligen Kurfürtentum Trier etc. ergangen sind. 1832.
S tälin, Wirtembergische Geschichte 1841 f,
Ulmann, Franz v. Sickingen 1872.
Wolf, Aus Kur-Köln im XVI. Jahrhundert. Historische Studien 51.
Berlin, Ebering.
W y 1 1 e n b a c h , Gesta Trevirorum 1 836.
Digitized by the Internet Archive
in 2014
https://archive.org/details/dielandstndischeOOknet
Vorbemerkungen.
Die vorliegende Arbeit sollte ursprünglich nur die Ent-
stehung der landständischen Verfassung in Kur-Trier be-
handeln. Es zeigte sich bald, daß für das ausgehende Mittel-
alter die Ausbeute, welche die bekannte Landeinung
von 1456 zu versprechen schien, ausblieb. Der Schwerpunkt
mußte sich daher auf das 16. Jahrhundert verlegen und
hier wurde es notwendig, in umfassenderer Weise, als die
spezifisch landständischen Quellen es zuließen, die Los-
lösung des Adels von der Landstandschaft und die Ent-
stehung der Reichsritterschaft zu behandeln.
Für die Geschichte der Landstände erstrebt die Arbeit
bis zum Jahre 1576, dem Beginn des Prozesses mit der
Ritterschaft, Vollständigkeit, auch die Quellen bis 1600 und
darüber hinaus sind eingehend nachgeprüft worden.
Bis zum Ausgang des Mittelalters reichen mit einigen
Ausnahmen (zu bemerken sind namentlich die wenigen er-
haltenen Protokollbücher des Domkapitels im Koblenzer
Staatsarchiv), die gedruckten Quellen aus, deren Originale
sich durchweg im Koblenzer Staatsarchiv befinden.
Die große Masse der Landtagsakten lagert ebenda unter
dem Titel „Trierer Landstände" (t. 1. zitiert). Recht wert-
volles Material auch für die Geschichte der Landstände findet
sich ferner in ziemlicher Menge zerstreut unter dein Wust
der reichsritterschaftlichen Akten (Reichsritterschaft, Kanton
Niederrhein, R. R. zitiert), namentlich auch den beiden ,,tomus
attestationum" (R. R. * VIII, 1 und 2), deren erster ein
systematisch angelegtes Verhör der kurfürstlichen Zeugen,
— 12 —
der zweite ein wildes Konvolut von ritterschaftlichen Beweis-
materialien bildet.
Einiges bietet sowohl zu den landständischen wie zu den
reichsritterschaftlichen Akten die Stadtbibliothek Trier.
Zum Schluß bleibt mir noch die angenehme Pflicht, allen
Herren Beamten des Koblenzer Staatsarchivs sowie Herrn
Stadtbibliothekar Dr. Kentenich zu Trier herzlich zu danken
für das liebenswürdige Entgegenkommen, mit dem sie meine
archivalischen Studien unterstützt haben.
I. Die trierischen Landstände.
Seit dem hohen Mittelalter ist in der Entwicklung der
geistlichen Staaten in Deutschland ein Stillstand eingetreten;
sie haben seit dieser Zeit keine erheblichen Verschiebungen
ihrer Grenzen mehr erlebt; ihr politischer Einfluß tritt all-
mählich gegenüber den zw|ar sprunghaft und vereinzelt,*
aber unaufhaltsam vorstrebenden weltlichen Territorien
zurück. Eine ausgreifende Vergrößerungs- und Er-
oberungspolitik, wozu den weltlichen Dynastien verwandt-
schaftliche Beziehungen, namentlich auch Erbverträge, einen
erwünschten Rechtsgrund herliehen, war bei ihnen natur-
gemäß ausgeschlossen, allerdings auch die Kehrseite dieser
Erscheinung, die Zersplitterung der zusammengerafften Ge-
biete durch Erbteihingen. Es stand, dafür in den geistlichen
Staaten eine andere Ge[fahr zu befürchten, daß die Bischöfe,
die vielfach aus fürstlichen Häusern stammten, das Kirchen-
gut zugunsten ihrer' Familiie verschleuderten. Versuche dazu
lassen sich vereinzelt nachweisen, aber1 es1 bildete sich dazul
frühzeitig ein Gegengewicht in den Domkapiteln. Als bereits!
kurz nach dem Wiormser Konkordat diese sich das alleinige
Wahlrecht des Bischofs angeeignet hatten1, folgten sie zwar
auch dem alle mittelalterlichen Wahlkorporationen charak-
terisierenden Zug, sich! dabei möglichst viel persönliche Vor-
rechte, wie Steuer, Testierfreiheit, eigene Gerichtsbarkeit und
dergleichen mehr, und einen möglichst großen dauernden^
Einfluß auf den Gewählten zu sichern, aber es läßt sich nicht
i ; •
I. cf. G. v. Below, Die Entstehung des ausschliesslichen Wahl-
rechts des Domkapitels 1883, Leipzig, historische Studien, Bd. 11.
— 14 —
leugnen, daß die vW[ahlk,apitulationen, in denen seit dem
XIII. Jahrhundert das .gegenseitige Verhältnis zwischen
Kapitel1 und Bischof festgelegt Wurde, auch in erheblichem
Maße das Interesse1 Und Wohl1 des ganzen Landes' vertraten.
Die Form, in der sich die Kapitel ihre Mitwirkung an den
Geschäften des Gewählten vorbehielten, war das Konsens-
recht. Eine Bestimmung! nun, die in allen rheinischen Kapi-
tulationen, in Mainz, Trier, Köln, Lüttich, wiederkehrt, be-
isagt, daß der' Bischof bei Veräußerung' von Land an die Ein-
willigung seines Kapitels gebunden ist. Damit übt dieses
eine Beschränkung des; JLandesherren aus, wie es hier und da
auch kräftig und frühzeitig tntwickelte Landstände ver-
mögen. / Dodh nehmen iie Kapitel, wenigstens in
den erwähnten vier Stiften,; eine Mittelstellung1 zwischen
Territorialherren und Ständen ein. Jenen gegenüber
vertreten sie die Interessen des Landes' und der
Stände, von diesen lassen sie sich als Erblandes-
und Grundherren bezeichnen. In Mainz fand dies
Verhältnis seinen lebendigen Ausdruck dadurch, daß seit
dem Ausgang des XIV. Jahrhunderts die Stände des Rhein-
Igaus bei der Huldigung des neuen Kurfürsten auch dem
Domkapitel die Erbhuldigung leisteten, ihm gelobten, treu
und gewärtig zu sein, wenn der Erzbischof in Gefangenschaft
geriete oder stürbe, dem Kapitel gegen den Landesherren
beizustehen, wenn er ohne dessen Bewilligung Land ver-
äußern wolle2. In Lüttich durften die Kastellane (Burg-
mannen) ihr Amt nicht antreten, ohne dem Kapitel den;
Treueid geleistet zu haben3. Auch die trierischen Beamten
waren dazu verpflichtet3. Diese Mischung von ständischen
und Herrschaftsrechten ist überall vorhanden, auch dort, wo
2. cf. Bodmann, Rheinganische Altertümer 1819 I 17, 18;
II 524.
3. cf. Wohlwill, Die Anfänge der landständischen Verfassung
im Bistum Lütfich 1867 p. 55.
- 15 —
das Kapitel nicht eigentlich! zu| den Landständen zählt, wie in
Kurtrier.
Zwar nicht durchgehend,, :aber doch' ziemlich' häufig läßt
sich die Beobachtung machen, daß der übrige Klerus nicht
die Landstandschaft besitzt, wenn das Domkapitell darani
^beteiligt ist, so, in Köln, Mainz u|nd Lüttich, ferner in Münster,
Osnabrück, Paderborn4.
In diesem Fall pflegt dann mit dem' Klerus in be-
sonderen Verhandlungen über seine Subsidien und Steuern
verhandelt zu werden. Es darf daraus nicht geschlossen
werden, daß die Geistlichkeit erst nachträglich zu Land-
steuern herangezogen worden wäre, ihre Subsidien bilden
vielmehr, soweit ich sehen kann, in den geistlichen Staaten
den Ausgangspunkt für die außerordentliche Besteuerung
des Landes; sie tauchen stellenweise schon zu Beginn des
XIII. Jahrhunderts auf5.
1. Die Subsidi en des kürtri eris'ch'en Klerus
bis zu dessen Vereinigung mit den Land-
1 ständ en.
Eine Besteuerung des Pfarrklerus war auch in Trier
schon von alters her vorhanden in dem cathedraticum, das
Ueber Köln : Wolf, Aus Kurköln im XVI. Jhdt. Historische
Studien (Ebering) 51, p. 7.
Trier: Lager, Johann II. v. Baden im Trierischen Archiv,
Ergänzungsheft IV 1905 p. 11.
4. Ueber letztere cf. Moser, Von der deutschen Reichsstände
Landen 1769 p. 461 ff.
5. cf. den Artikel „Abgaben, kirchliche1' in der Realenzyklo-
pädie für protestantische Theologie und Kirche 1896 Bd. 1.
— 16 -
aber großenteils in die Hände der Archidiakone geraten
war6. Nun steigerte sich etwa seit dem dritten Viertel des
XIII. Jahrhunderts das Geldbedürfnis des Erzbischofs sehr
erheblich. Einmal legte der entstehende päpstliche Fiskalis-
rnus dem Stift drückende Lasten auf in der Form von Servi-
tien und Palliengeldern und all den sonstigen Unkosten,
welche die Konfirmation des Erzbischofs und besonders die
päpstlichen Provisionjen mit sich brachten. Heinrich II.
(1260—86), der erste providierte Erzbischof von Trier, sah
sich deswegen gezwungen, dem Sprengel eine gewaltige
Schuld aufzubürden7. Er beginn zugleich damit, den plan-
mäßigen Ausbau und die Erweiterung des Territoriums
energisch ins Werk zu setzen, eine Periode, die unter dem
großen Balduin (1307 — 54) ihren Höhepunkt und Abschluß
erreichte. Auch dies bedingte einen hohen Aufwand an
Geldmitteln8. Der Bischof suchte ihn in Trier wie in anderen
Stiften durch Subsidienf orderungen an seinen Diözesan-
kierus zu decken.
Ein solches subsidium ist zuerst unter Eb. Arnold
(1245—59) nachweisbar, bei der kostspieligen, fast zwei
Jahre dauernden Belagerung der Burg Turun. . . . ecclesie
quoque et civitates diocesis trevirensis de mandato domini
pape voluntarium sibi subsidium impenderunt, berichten
darüber die gesta Trevirorum. Und weiter: pacem et con-
cordiam cum ecclesiis suis habuit dominus Arnoldus archiep.
que sibi etiam in omnibus necessitatibus suis plurimum ser-
6. cf Lamprecht, Wirtschaftsleben I 2; p. 1283 n. 2.
7. cf. Franz Casper, Heinr. II. v. Vinstingen. Märburger
Dissertation 1899 p. 9, 20 ff. Die älteste vereinzelte Nachricht
über eine Geldleistung des neuerwählten Eb. an die Kurie stammt
bereits aus dem Jahre 1190, cf. Sauerland, Trierische Taxen und
Trinkgelder an der päpstlichen Kurie während des späteren Mittel-
alters. Westdeutsche Zeitschrift Bd. 16, 1897.
8. cf. Monumenta Germaniae, Scriptores XXIV p. 460.
— 17 —
vierunt9. Sein Nachfolger Heinrich v. Vinstingen setzt die
Besteuerung des Klerus fort. 1286 verlangt er von ihm
die Entrichtung des zwanzigsten Teils seiner jährlichen Ge-
fälle für die Verteidigung seiner Rechte gegen den Grafen
von Luxemburg und dessen Beamte, welche die öffent-
lichen Straßen und den Moselfluß gesperrt und seine Güter
mit Arrest belegt haben10.
Eb. Boemund hat mehrfach während seiner Regierung
(1289 — 99) Suibsidien gefordert11, so geht es von da an fort
durch 'das ganze Mittellalter.
Bestimmte Nachrichten über die Höhe der bewilligten
Summen fehlen fast völlig. Nach einer Abrechnung des
Siegelbewahrers am Offizialat zu Trier wurden im Jahre
1339 5000 lb. hl., nach Lamprechts Schätzung etwa 220 000
Mark im heutigen Geldwert, als Subsidien aufgelegt12.
Doch ist neben' einer Reihe von' kleineren Registern der
Anschlag für den gesamten Diözesanklerus erhalten, der
als simplum bei den Subsidien zugrunde gelegt wurde, die
im „Biuch der Anschläge" verzeichnete taxa generalis sub-
sidiorum cleri Trevirensis. Das Buch der Anschläge ist in
zwei Abschriften des\XVIII. Jahrhunderts erhalten13, die taxa
hat Fabricius daraus^ publiziert und die übrigen auffindbaren
Register teils mit , abgedruckt, teils wenigstensi verglichen
|und zitiert14. Das Original der taxa verlegt er mit ein-
leuchtenden Gründen in die Anfangszeit Balduins. Nach
9. M. G. SS. XXIV 409, 42; 413, 18.
10. A. Goerz, Mittelrheinische Regesten IV nr. 1328.
11. magnum thesaurum largissime expendebat, unde saepius ab
ecclesiis subsidia postulabat. Wyttenbach, Gesta Trevirorum 1836
II, 142.
12. cf Lamprechts Wirtschaftsleben I 2 ; p. 1284; die Ab-
rechnung abgedruckt III nr. 292.
13. Koblenz. Staats-Archiv. Trierer Landstände (t. 1.) 10.
14. Im trierischen Archiv, Heft VIII.
— IS -
welchem Verhältnis die Anschläge gemacht s|!nd, läßt sich
aus ihr nicht erkennen, doch ,st es vermutlich wie bei dem
entsprechenden 'Über valoris von Köln15, der aus derselben
Zeit stammt (1310—16), der Zehnte der in Geldeswert um-
gerechneten Einkünfte.
Die Einnahme der Subsidien erfolgte im allgemeinen
durch die Siegeler ,am Offizialat zu Trier und Gobienz. Doch
bereits 1286 kommt lauen eine eigene Verwaltung des er-
hobenen Geldes vor. Domdeehant, Scholaster* und ein Kapi-
tular, sowie zwei Kanoniker von St. Simeon in Trier sollen
Einnehmer, Verwalter (procuirator) und custor ernennen16.
Aus derselben Urkunde geht auch wie aus den chronikalen
Nachrichten hervoir, daß der Klerus der ganzen Diözese von
Anbeginn an nicht bloß( in rein geistlichen Angelegenheiten^
sondern auch für weltliche Interessen des Erzbisch ofs zu
Abgaben herangezogen wurde, so bei der Belagerung von
Turon, oder hier im Kampfe gegen den Herzog von Loth-
ringen. Dies geschieht nach der Abrechnung von 1339 zu
urteilen noch um die M;itte des XIV. Jahrhunderts. Später
entwickelt sich dann eine Trennung zwischen den Land-
steuern, und den Palliengeldern; der auswärtige Diözesan-
klerus trug nur zu den letzteren bei. Die einzelnen Phasen
dieser Entwicklung sind nicht mehr zu erkennen, bestimmt
nachweisen läßt sich jene Trennung erst im XVI. Jahr-
hundert, aber bereits zu Beginn des XV. hatte der Herzog
von Luxemburg seinem Klerus einmal verboten, überhaupt
Subsidien an den Erzbischof zu zahlen17.
15. Binteri'Ti Mooren, * Die Erzdiözese Köln 1892 I p. 57 ff.;
über das kirchliche Abgabenwesen in den deutschen Bistümern
vgl. die Litteraturangaben in Meisters Grundriß der Geschichts-
wissenschaft II, 6, Verfassungsgeschichte der deutschen Kirche im
Mittelalter von A. Wenninghof! p. 52, n. 1.
16. Mittelrhein. Regesten IV nr. 1,528.
17. cf. Hontheim, Historia Trevirensis Diplomatica et Prag-
— 19 —
Die Erlegung der Subsidien wurde unter Umständen
durch geistliche Strafen erzwungen. Sie sind durch das ganze
Mittelalter hindurch in Uebung18. Noch 1488 verlangt das1
Domkapitel für die von ihm ernannte Kommission (je zwei
von Kapitel und Klerus) „sublevandi illa subsidia nec non a
rebellis per censuras extorquendi plenariam commissionum,
et auctoritatem citandi, monendi et absolvendi19." Die Sub-
sidienverhandlungen mit dem Klerus fanden getrennt nach
Ober- und Niederstift statt. Balduin hatte die geistliche
Verwaltung in ein oberes und niederes Offizialat mit den
Hauptsitzen Trier und Coblenz geteilt20. Die taxa generalis
scheidet denn auch schon Ober- und Niederklerus, die
außerdem nach verschiedenem Münzfuß, jener nach Denaren,
dieser nach Hellern angeschlagen sind. Nur der Nieder-
klerus kennt die2 nach der Währung (Guldenrechnung) zu
matica 1750 JI p. 346; Schiedsspruch zwischen Eb. Werner u.
Carl v. Luxemburg den 6. aug. 1406: vorder sal auch unsere vor-
geschriebene herre, der marschalk und das Land von Luzenburg
abe doen solche gebot, als sie uf unsers herrn subsidium von Trier
gedaen hatten.
18. cf. die eben zitierte Urkunde von 1286; ferner Hontheim
II p. 39; 1309 2. juny. Der Dechant von St. Florin als Ein-
nehmer des Subsidiums im Niedererzstift anulliert das von ihm
über Dechant u. Kapitel von St. Simeon in Trier u. die diesem
inkorporierte Kirche zu Hönningen wegen Weigerung des Subsi-
diums verhängte Interdikt u. die Exkommunikation u. Suspension.
Cod. Dipl. Rommersdorf. 63, 1437 (nach Lamprecht I, 2 p. 1280
n. 2): Das Konzil zu Basel beauftragt den Propst von St. Georg
u. Dechant von St. Andreas in Köln, die Abtei Rommersdorf von
der Exkommunikation, welche das Offizialat zu Coblenz wegen
Weigerung des Subsidiums über sie verhängt hat, zu befreien u.
die Angelegenheit endgültig zu entscheiden.
19. St. A. Domkapitel I B. 68; Protokollbuch p. 20.
20. cf. Marx, Geschichte des Erzstifts Trier 1858 f. I 1
p. 224.
- 20 —
urteilen später eingeführten s'ubsidia inconsüeta, die von
den kleinen Pfründnern, Vikaren und Altaristen erhoben
wurden, soweit sie nicht unter das subsidium consuetum
fielen. Für das Oberstift ist ihr Fehlen im Buch der An-
schlage ausdrücklich vermerkt.
Die Trennung* zwischen Ober- und Niederklerus läßt sich
bis gegen Ende des XV. Jahrhunderts und in ihren Nach-
wirkungen bis lange nach der Vereinigung mit den Land-
ständen verfolgen. Als 1457 der Oberklerus den vom Papst
auferlegten Türkenzehnten zu verweigern beschloß, schrieb
das Domkapitel an den Niederklerus, er möge zu einer
neuen Versammlung in Gobienz einige Bevollmächtigte ent-
senden, damit in dieser Frage zwischen beiden keine Spaltung
entstehe21. Ein Beschluß, des Domkapitels vom Jahre 1488:
primo et ante omnia mittantuir duo [ex capitulo Trev. ad
cl'erujm inferiorem22 deutet nicht [minder auf örtlich und
zeitlich getrennte Verhandlung beider Teile, wie die gleich
zu besprechende, 1493 nur vom Niederklerus geschlossene
Vereinigung. Daher erklärt sich die wegen Mangels an
früheren Nachrichten erst ,auis dieser Zeit nachweisbare auf-
falllende Ersch eintrug, daß die Z[ahl der von Ober- und
Niederklerus bewilligten Subsidien oft ganz erheblich von
einander abweicht. 1498 bewilligt nur der Oberklerus, der
major et sanier pars, eine Steuer, während der Niederklerus
sich weigert. Bei der Landsteuer von 1501 stehen gegen
6 Subsidien auf der einen Seite 3 cons. und 1 incons. auf
der landeren. Zur Reichssteuer; von 1522 bewilligt der Ober-
klerus 12, der Niederkler!us, 17 s'ubs1. consueta und 2 incons.;
bei P;aliiengeldern jener 12, 18 und zweimal 16 subs., dieser
jedesmal 6 cons. und 1/2 — 2 incons. (1503: 12, 31, 41)23.
21. Lager p. 25. Anm.
22. St. A. Domkapitel I B 68 p. 20, ct. I B 67 hat sich
daruf die oberpfaffheit sementlich besprochen 1480.
— 21 —
Die Subsidien bildeten namentlich seit den unglück-
lichen W,ahlstreitigkeiten in der ersten Hälfte des XV. Jahr-
hunderts eine drückende Last für die Geistlichkeit od|erj
wurden wenigstens als solche empfunden; extorquere ist
der ständige Ausdruck für ihre Erhebung. Von Jacob von
Sirk (1439 — 56) berichten die gesta: Hic etiam fuit multum
infestuis toti clero excepto capitulo Trevirensi et hoc solum-
modo propter pecumias extorquendas et extorsit maximam!
summam imponendo subsidia24. Erst seit dem Ende des
XV. Jahrhunderts werden auch die weltlichen Stände zu
Landsteuern herangezogen, aber noch über Richard von
Greiffenclaui wird geklagt, er 'sei nach einer höchst grau-
samen und unerhörten Schätzung 'der Geistlichen in ein'e
geheimnisvolle Krankheit (man dachte Vergiftung) ver-
fallen25. Daß jene Klage nicht übertrieben war, beweist eine,
von Wyttenbaeh in einer Anmerkung dazju gebrachte Notiz
aus einer handschriftlichen Chronikj des Klosters Himmerode
Der Erzbischof habe, als' er dem Pfalzgrafen und dem Land-
grafen (vermutlich im Bauernkriege) die erbetene Hilfe
gebracht habe, den Klerus wiederum schwer geschätzt. Da
kein Gefd vorhanden v.iai", mußte das Kloster 8 Kelche,
ebensoviel silberne Teller für die Hostie (patenas) und ein
wertvolles Meßgewand (planetam pretiosorem) der Kirche
entnehmen, ferner ein Haus in Trier und Sachen im Werte
von 1000 gd. verkaufen. Dem Herzog Joh. v. Bayern und
dem Markgrafen PhilL v. Baden steuerte es außerdem für
seinem Hof in Traben 80 Goldgulden.
Rechnet man zu den Subsidien, welche der Bischof
als Konfirmations- und Palliengeider vom gesamten Diözesan-
klerus erhob und die namentlich bei kurzen Regierungen
23. Nach den Angaben des Buchs der Anschläge.
24. Wyttenbaeh II p. 326.
25. das. p. 375.
— 22 —
an sich schon keine unbedeutende Last ausmachten, und
zu den Auflagen, die er für die Bedürfnisse seines Landes
verlangte, nun noch die Türkenzehnten, wie sie von Kaiser
und Papst ausgeschrieben wurden, hinzu, so darf man
wohl annehmen, daß im ausgehenden Mittelalter der Klerus
im triersehen Territorium wie kein anderer Stand mit
Steuern belastet war. Dazu kam, daß seit Jacob von Sirk
lauich das Zollprivileg der Geistlichen mit päpstlicher Ge-
nehmigung aufgehoben war. 1472 wurde dies von Johann
v. Baden neuerdings bestätigt26.
Eine zunehmende Opposition der Geistlichkeit macht
sich dagegen bemerkbar. Von Kur-Mainz ist überliefert, daß
der dortige Klerus sich gegen einen frühzeitigen Versuch
Eb. Conrads I. (1183—1200), die Subsidien einzuführen, ge-
sträubt hat. „Mirati sunt universi, et omnes qui audiebant,
dicebant, qualis est hic, qui tributarium facit clerum?"27
In Trier gehen die Nachrichten nicht so weit zurück
und im XIV. und der ersten Hälfte des XV. Jahrhunderts
richtet sich der Widerstand, soweit bekannt ist, hauptsächlich
gegen die päpstlichen Auflagen. Ueber eine leidenschaft-
liche und erfolgreiche Opposition gegen die Erhebung eines
Türken zehn ten und der Annaten im Jahre 1347 berichtet
Sauerland28. Sie führte bis zu Tätlichkeiten, dem päpst-
lichen Boten wurde einmal: sehr übel mitgespielt, ein anderes
Mal gar eine Hand abgehauen. Balduin, der freilich selbst
allen Grund hatte, gegen die Habgier der Kurie erbost zu
sein, scheint dies im Stillen gebilligt zu haben. Nach des
Trithemius Hirschauer Annalen vereinigten sich 1358 Dom-
kapitel und Klerus der drei rheinischen Provinzen gegen
einen vom Papst ausgeschriebenen Türkenzehnten und
26. Marx II 208; Hontheim TI 457.
27. Bodmann p. 783.
28. a. o. O. p. 100.
— 23 —
wandten sich auch an, die übrigen deutschen Bistümer. „His
papa cognitis et metuens, fieri dissensionem, silentio rem
perpetuio sepelivit29."
1456 treten die rheinischen Kurfürsten selbst (mit Aus-
nahme des noch nicht bestätigten Eb. von Trier) mit Ver-
tretern der drei Domkapitel' zusammen ujnd lehnen ent-
schieden einen päpstlichen Türkenzehnten ab, 1457 werden
entsprechende bereits früher von Kapiteln und Geistlich-
keit eingegangene Bündnisse erneuert. Am 11. Juli 1472
berieten sie wiederum, wie man sich dem erneuten Zehnten
(Reichstag zu Regensburg 1471) entziehen könne. Die
drohende Strafe der Exkommunikation wollen sie nicht be-
achten 'und sich gegenseitig in Schutz nehmen. Eb. Johann
muß damit einverstanden sein, denn er lädt am 13. juli
Dekane und Kapitel der Land- und Kollegiatkirchen des'
niederen Offizjaljats zui einer Beratung über jene Vorbe-
schlüsse ein30.
Von ernsthaften Zerwürfnissen der Geistlichkeit mit
ihrem Erzbischof erfahren wir erst aus den 80 er Jahren
des XV. Jahrhunderts näheres. Die aus dieser Zeit er-
haltenen Protokollbücher des Domkapitel' verbreiten darüber
einiges Licht. Die Finanzlage war unter Johann von Baden
(1456 — 1503) in einer seit dem Schisma zwischen Raban
v. Helmstadt und Ulrich v. Manderscheid chronisch ge-
wordenen traurigen Verfassung, der letzte Eb, Jacob v. Sirk,
hatte allein 270 000 gti Schulden für verpfändete Schlösser
29. teilweise abgedruckt in Hontheims Prodromus historiae
Trevirensis 1757 p. 11 89.
30. Näheres s. bei Lager a. a. Q. p. 24, 41 ff. Ferner das
lagersche handschriftliche Repertorium des Domarchivs im Koblenzer
Staatsarchiv ß. 98 1 — 3, 1460 31. mai kölner Dk. an das trierer,
verhält sich ablehnend gegen den Zehnten. 156, zweite Hälfte des XV.
trierer Kapitel an das mainzer: man sehe nicht ein, dass die deutschen
allein den zehnten zahlen sollten, wo es sich doch um die ganze
Christenheit handle.
- 24 -
und Aemter hinterlalssen. Die einzige Außerordentliche
Steuerquelle für den Kurfürsten war einstweilen noch immer
der Klerus. N'jäich d(elm B(ach der Anschläge hat er in
den Jahren 1457, 59, 65, 67, 77, 81, 89—91 Subsidien be-
willigt, meist wiohl jeidiesimial' in 2 — 3jährigen Terminen. Kein
Wunder daß er schließlich (anfing, schwierig zu werden.
Der Eb. wendet (sich |ain, den Papst, und dieser fordert in
einem Breve vom 5. 1. 1481 'den Grafen Philipp v. Mander-
scheid auf, dem Eb. 'mit starkem Arm ziur Erhebung der
Subsidien behilflich zu seijn, die Wahlkapitulation, die neben
vielen anderen Beschränkungen auch die Subsidien von der
Bewilligung des Domkapitels abhängig macht, wird durch
eine Buille vom 22. 4. 81 aufgehoben, auch erwirkt der
Eb. ein kaiserliches Mandat für sich. Domkapitel, Prälaten
und Klerus appellierten gegen beides31, doch ein neues
Breve ermächtigt den Eb. Zwangsmittel1 gegen den auf-
sässigen Klerus anzuwenden. Schließlich wird der Streit
doch beigelegt. Die Geistlichkeit hat sich bereit erklärt,
ein zweijähriges Subsidium zu übernehmen, „wie wol es
swerlich fallet", wenn der Eb. bereit sei, die Bulle und der
Pfaffheit Beschwerungen abzustellen32. 1486 Und 87 werden
neuerlich Su'bsidienf orderungen des Elb. vom Domkapitel
(abgelehnt. Am 22. juli letzten Jahres bewilligt das Dom-
kapitel eine Summe unter der Bedingung, daß die Gelder
nur zum Besten des Stifts unter Beirat des' Kapitels ver-
wendet werden33.
Am 15. mai 1493 schloß der Niederklerus ein förm-
liches Bündnis gegen die Sulbsidienf orderungen des EJ>.34.
Wenn der Eb, der seine Offiziale, Siegeler und andere
31. Ausführlicher bei Lager p« 91 ff.; cf. Protokollbücher des
Dk. 1 B. 66 p. 150 ff. 67, p. 18, 19, 32.
32. St. A. Dk. I B 67, p. 151, 142.
33. Lager p. 94. Dk. I B. 68 p. 20.
34. Original, besiegelt vom Abt zu Laach, im St. A. I A.
2718.
— 25 —
Bevollmächtigte von dem Klerus insgesamt oder von ein-
zelnen Stiftern, Klöstern jund JKirchen Subsidien erpressen
(extorquere) wolle, dann müsse sich der gesamte Nieder-
klerus einmütig dagegen wehren und niemand dürfe sich
davon absondern.
Wenn jemand von ihnen rechtlich wegen der Subsidien
angegangen würde, wollen sie gemeinsam für ihn eintreten.
Die geschlossene Einung soll (in publica forma durch
das Siegel einer jeden Körperschaft und der Landdechanten
bekräftigt werden.
Zur Verteidigung seiner Sache kann sich jeder wenden
an den Abt von Sayn, den Dechanten der heiligen Maria zu
CJamp, den zu St. Gioiar und den, rechtskundigen Ka-
nonikuls Qutmann von St. Castor m Göhrenz.
Ferner erhebt der gesamte Niederklerus 1/i sub-
sidium zur Bestreitung der Unkosten. Dieses soll im
Gastorstift in einer Kiste mit wer Schlössern aufbewahrt
werden, zu der das Fljorinssiift in Gobienz, das1 Stift in
Limburg, der Abt in Arnstein und der Dechant in Engers
je einen Schlüssel bekommen. Innerhalb 10 Tagen soll
der gesamte Niederklerus, a;uf der einen Seite des! Rheins
ansässig, dem Florins, auf der anderen Seite dem Gastor-
stift in versiegelten Briefen seine Zustimmung zu obigen
Beschlüssen einzeln .mitteilen. Als mum 1498, nach' der
bopparder Fehde, der Eb. mit Subsidienforderungen hervor-
trat, willigte der Oberklerus zw;ar ein, der Niederklerus
hingegen weigerte sjeh größtenteils. Der Eb. wandte sich
an den Papst mit der Bitte, den Streit einem päpstlichen
Legaten oder den Erzbischöfen von Köln und Mainz durch
ein Breve zur Entscheidung zu überweisen, der Klerus
appellierte seinerseits an den Piapst. Schließlich gab er
doch nach und willigte in ein Subsidiurn zu zwei Ter-
minen. „Ist doch nit vur sich gegangen" schließt im Buch
der Anschläge der Bericht darüber ab.
Erst durch die Heranziehung der weltlichen Stände
— 26 —
zu den Landsteüern 'und die Ausbildung einer Iandständischen
Verfassung seit dejm Ende des XV. Jahrhunderts wurde die
auf der Geistlichkeit ruhende Last allmählich ganz bedeutend
erleichtert Suind auf die Landschaft abgewälzt.
2. Die w e 1 1 1 ichen Stände bis zum Jahre 1501.
Eine frühzeitige Entwicklung einer starken landständi-
schen Verfassung war darum in Kur -Trier wenig begün-
stigt, weil' der Eb. sich mit seinen Steuerforderungen ein-
seitig nur :an seinen Klerus wandte. Das Steuerbewilligungs-
recht war die stärkste Stütze aller Landstände, das einzige
Recht, das ihnen allenthalben 'unbedingt zustand. Zwar
hören wir bereits im XIII. Jahrhundert zweimal von einer
außerordentlichen Besteuerung auch der weltlichen Unter-
tanen des Stifts30, aber diese Nachrichten bleiben ganz
vereinzelt.
Ein Moment, an das die landständische Verfassung ge-
meinhin anzuknüpfen pflegt, war der Rat und die Zustim-
mung der Großen des Landes, der „Mannen", „Ministerialen,
Getreuen, Kleriker wie Laien"37.
Auch die trierschen Erzbischöfe empfanden wohl das
Bedürfnis sich mit ihren Verwandten, Freunden, Unter-
tanen zu beraten. „Convocatis siquidem consanguineis, fide-
libus et amicis" hielt ■Eb. Arnold einen Rat ab, und be-
lagerte dann Turon38.
Eine Biographie Heinrichs von Vinstingen sagt von
ihm : item idem pater habuit modum laudabilem et con-
suetudinem memoriae dignum: cumque tractaret de statu
et negotüs temporalibus sue diocesis, assumpsit sibi viros
36. cf. unten p. 69.
37. v. Below. Territorium und Stadt 1900 p. 168, desselben
Landständische Verfassung in Jülich u. Berg 1885 — 91 I. § 1.
38. M. G. SS. 24 p. 409, 25.
— 27 -
consultissimos in rebus temporaübus expertos, prout immi-
nentis negotii perplexitas requirebat. Si circa milites et
vasallos agebatur, asstunpsit barones et nobiles probatae
prudentiae, si circa clerum [et ecclesiasticam libertatem ne-
gotium vertebatur, consulit vires' litteratissimos, si circa cives
idem fecit, prudentiores assumens, quemlibet venerans et
salutans leto vultu et benigno, prout requirebat status et
conditio39. Aber diese unverbindliche Ratserteilung hat sich
nicht zu einem Zustimmungsrecht in gewissen Angelegen-
heiten des Landes entwickelt, wie es sonstwo in mittelalter-
lichen Urkunden seinen Niederschlag gefunden hat. An der-
artigen urkundlichen Belegen, soweit sie in den verschie-
denen Sammlungen gedruckt sind, ist mir nur einer be-
kannt geworden, der Sühnebrief zwischen Balduin und der
Gräfin Loretta von Sponheim (1328)40.
Während der Wildgraf eine Wallfahrt nach Jerusalem
machte, errichtete Balduin auf dessen Gebiet in Birkenfeld
eine Bluirg. Die Gräfin vermochte dies nicht zu wehren,
sie fing aber Balduin ab als er die Mosel hinab fuhr und
setzte ihn auf der Stark enbiirg (Trarbach) gefangen. Der
Eb. mußte von dem Bau der Burg ablassen und Lösegeld
zahlen. Damit renovierte die Gräfin eine Burg, die sie
nun Frauen bürg nannte. Der Eb. verspottete sie später,
daß sie einem so reichen Fürsten nicht mehr Geld abge-
preßt habe. Es war also die Gefangennahme des Landes-
herren vorausgegangen, ein Fall, in dem nach allgemeiner
Rechtsanschauung (z. B. auch in England) das Land zur
Aufbringung des Lösegeldes verpflichtet war11. Für Trier
ist es in diesem Fa;lT flicht ausdrücklich bezeugt, aber wegen
39. M. G. SS. XXIV p. 462.
40. Günther, Codex diplomaticus Rheno - Mosellanus 1822 ff.
III 1 nr. 155.
41. cf. Landständische Verfassung II 5, III 1, 71. Aehnliche
Fälle in Brandenburg u. Osnabrück das. II n. 18a, ferner I n. 156.
28 —
des plötzlichen Hervortretens von Adel und Städten nicht
unwahrscheinlich. Beide sind neben dem Domkapitel zur
Mitbesiegelung der Urkunde hinzugezogen worden, ihr Rat
und ihre Zustimmung sind ausdrücklich darin vermerkt,
es heißt: und want ;wir idit gedan hau von willen rade
und gehenknise unser capitels und unser gestiechts man
und der stede so haut die vorgesprochene unse capitel^
Kuning (Johann v. Böhmen als Graf von Luxemburg) und
edelmann ;uns gestiecht und die1 stede ir ingesiegel gehangen
an diesen brief. Im folgenden unterscheidet die Urkunde
zwischen man und edelmann42, nur die letzteren haben mit-
besiegelt. Von den Städten tun dies Trier, Coblenz, Bop-
pard und Montabaur.
Dieser Fall ist zu vereinzelt, als daß wir daraus auf
eine dauernde Existenz von' Landständen schließen könnten.
Ebenso plötzlich und ohne Nachrichten über die dazwischen
liegenden Jahrzehnte tauchen sie dann in der Landeinung
von 1456 auf. Zwar weiß, Mechtelius (* 1563, lebt noch
1630), der in drei Schriften die Geschichte von Stadt und
Stift Limburg behandelt hat13, zu berichten, das Stift sei
1402 zum ersten Mal zu einem Landtag erfordert worden
und habe danach ein Subsidium zahlen müssen. Doch hat
sich Mechtel wahrscheinlich: durch die Verhältnisse seiner
Zeit beirren lassen. Es handelt sich hier wohl bloß um
eine rein geistliche Subsidienbewillig'üng. Die echte lim-
burger Chronik, die M. vielfach benutzt hat, erwähnt keinen
Landtag.
Es hatte bitterer Erfahrungen bedurft, um die Stände
zur Landeinung von 1456 (aufzurütteln. Die erste Hälfte
des XV. Jahrhunderts zählt zu den traurigsten Zeiten des
42. Ueber die Bedeutung von edelman cf. v. Below Landtags-
akten von Jülich-Berg 1895 I 17 n. 12.
43. Ueber Mechtel cf. M. G. Deutsche Chroniken IV 1, lim-
burger Chronik, Einleitung p. 2 n. 8. Mechtels limburger Chronik
abgedruckt in Hontheims Prodromus 1046 ff. ; cf. das. n 14.
— 29 —
Stifts44. Nach der stürmischen Regierung! Ottos von Ziegen-
hain kam es im Jahre 1430 zu1 einer Doppelwahl; gegen
Jacob von Sirk wählte eine Minderheit von bloßi zwei Stim-
men Ulrich von Manderscheid, und trotzdem Jacob als der
rechtmäßig gewählte anzusehen war, gelang es Ulrich doch,
mit Hilfe seines einflußreichen adligen Anhangs sich zu
behaupten. Die Gegner wandten sich an den Papst, der
aber keinen von beiden anerkannte, sondern den, Bischof
von Speier, Raban von Heimst ad t providierte. Jacob v. Sirk
fügte sich dem Spruche, nicht so Ulrich, und nun kam es
zu einer erbitterten Fehde zwischen beiden Rivalen. Das
ganze Domkapitel stellte sich jetzt unter Protest gegen die
Provision ;aüf id,ie Seite Ullrichs. Er verfiel darauf in die
Exkommunikation. Städte und Burgen sahen sich durch
die U ebermacht Ulrichs gezwungen, ihn als Landesherren
anzuerkennen und zu huldigen, das päpstliche Interdikt über
das ganze Land war" die! Folge. Erst der Tod Ulrichs führte
für Raban einen teuer erkauften und wenig ehrenvollem
Frieden mit seinem gefährlichsten Gegner, dem Grafen von
Virnenburg, herbei (18. jul'y 1437). Aeußerlich war jetzt
der Friede hergestellt, aber das Stift befand sich in dies!
übelsten Verfassung. Beide Gegner hatten rücksichtslos
diarauf los gewirtschaftet |und namentlich durch das be^
liebte Mittel der Zeit, durch Verpfändungen, sich Geld zu
verschaffen gesucht. Novem annos vexata et quasi ad
nihilum redacta est insignis ecclesia Trevirensis klagen die
gesta. Der alte und unfähige Raban mochte einsehen, daß
er seines Besitzes nicht mehr froh werden könne ufrid|
resignierte auf Betreiben des Domkapitels zugunsten Jacobs
von Sirk. Er hinterließ tdem Stift eine Schuldenlast von
400 000 gd.
44. Ich folge hier der Darstellung Lagers: Raban v. Helm-
stadt und Ulrich v. Manderscheid, im historischen Jahrbuch
Bd. XV. 1894.
— 30 —
Ruhe und Frieden brauchte das Stift mehr denn je45,
aber die Streitigkeiten! schienen ,nur so in der Luft zu,
liegen. Jacob erklärte es für unmöglich, mit den beschrän-
kenden Bedingungen, weil'che ihm die Wahlkapitulation im
Jahre 1430 auf erliegt hatte, die Regierung zu übernehmen
und wollte lieber verzichten. Der Domkapitel verstand
seine Gründe zu würdigen rund legte ihm einen neuen Eid
vor, den er 1442 (beschwor. Seit 1445 begegnet ums nun
hiergegen eine heftige Opposition einzelner Kapitulare. Einer
von ihnen, der bis dahin in Italien studiert hatte, bestand
auf die Gültigkeit dels fersten Eides und fand im Kapitel
einigen Anhang. Es kam ziu| einem häßlichen, teilweise wenig
sauberen Zwiespalt. Die erbitterte Opposition suchte nun,
sehr zum Nachteil der Interessen und der Unabhängig-
keit des Domkapitels die Städte des Stifts mit in den Streit
hineinzuziehen. Sie legte ihnen nahe, bei Jacob Schritte
z:ui tun, daß er vor ihnen seine Sache untersuchen und ent-
scheiden lasse (26 apr. 45). Ein ähnliches Schreiben schickte
sie an Prälaten und Kapitel, die sich jedoch ablehnend ver-
hielten. Der Papst (Eugen), der schon längst einen Span
mit dem Erzbischof hatte, exkommunizierte und suspendierte
ihn, die Djiözese verfiel in das Interdikt, andererseits stieß
das Domkapitel seine widerstrebenden Mitglieder nach
regelrechtem Prozeß aus und erklärte sie ihrer Pfründen
für verlustig. Die Lage drohte wieder äußerst verzweifelt
zu werden. Eine Reihe Adliger verschwor sich mit der
ausgestoßenen Opposition zur Vertreibung des Erzbischofs,
Geistlichkeit und weltliche Stände waren beide in zwei
Lager geteilt. Der neue Papst, Nicolaus stellte sich nun
(nov. 49) entschieden auf (die Seite Jacobs und verhängte
über dessen Gegner Exkommunikation, Suspension, Ent-
ziehung der Würden und Benefizien sowie das Interdikt
45. Zum """folgenden cf. Lager, " Jacob v. Sirk, Trierisches
Archiv II, III, V.
— 31 —
über die Kirchen, denen sie vorständen (29. april 1450).
Diese waren damit nicht gebändigt. Nochmals wenden sie
sich (1451) in einem Schreiben an die vier bedeutendsten
Städte des Landes und klagen Jacob an, das Erzstift durch
Schenkungen zugunsten seiner Verwandten schwer geschä-
digt, die Rechte, Statuten [und Privilegien der Kirche be-
einträchtigt zu haben. Wohl scheinen sich unter dem Ein-
fluß des päpstlichen Einschreitens die Wogen des Kampfes
etwas beruhigt zu haben, aber zu Lebzeiten Jacobs ist es
nicht zu einer endgültigen Versöhnung gekommen.
Dies die Vorgänge, welche die Landeinuing vom 10. mai
1456 zur Voraussetzung hat.
Die Aussichten in die Zukunft waren keine verlockenden,
ein neues Schisma stand zu befürchten, als es im Jahre
1456 mit Jacob zu Ende ging. Unter dem Hader des Dom-
kapitels, hinter dem nicht zuletzt selbstsüchtige Interessen
adliger Verwandter steckten, hatte das ganze Land bluten
müssen. Die Zwistigkeiten unter Jacob, namentlich die
Indiskretionen der Opposition und ihre Berufung auf die
Städte mußten die allgemeine Aufmerksamkeit auf die Wahl-
kapitulationen lenken, die, ohne daß das Land irgend etwas
dazu, sagen konnte, einschneidende Bestimmungen auch
über die weltliche ;K\2gierung des Stifts enthielten. Je
weniger breitere Kreise von ihrem Inhalt wußten, um so
(abenteuerliche Gerüchte wurden darüber verbreitet.
Nur ein geschlossenes Zusammenhalten des ganzen
Landes konnte ein neues Schisma unschädlich machen, eine
Parteibildung verhindern und einem unrechtmäßigen Kan-
didaten den Boden entziehen, und wirklich gelang es jetzt
den Kräften, deren Widerstreit allein so viel Unheil mög-
lich gemacht hatte, sich zusammenzuschließen. Am 10. mai,
noch zu Lebzeiten des schwer kranken Jacob, vereinigten
sich die weltlichen Stände des Stifts, Grafen, Herren und
Ritterschaft, sowie 11 Städte mit den zugehörigen Dörfern
und Pflegen46.
— 32 -
Nachträglich, am 29. öctober 1456 trat noch Pfalzgraf
Ludwig, Graf zu Veldenz bei, ebenso, am 17. july, Burg-
leute, Richter, Schöffen ünd Gemeinde von Kilburg47. Doch
handein die Einungsver wandten nicht für sich als Einzel-
personen, sondern schließen in die Wirkung ihrer Einung das
ganze Land ein „alle manne, 'ursdersaßen, getreue und ange-
hörigeu unsers stifts von Trier unki jeklichen besonder,
beide geistlichen und werentliche, edelen und unedelen"4S.
Abgefaßt in der damals üblichen Form der Einungen mit
einer Fülle treuherziger Redewendungen, bezieht sich die
Urkunde ausdrücklich auf die vorhergegangenen Mißstände
'und den aktuellen Streit im Domkapitel. Sie seien ge-
zwungen gewesen, so setzen die Stände auseinander, einen
zum Herren zu empfangen und ,in Städte und Schlösser
(zur Huldigung) einzulassen, der von der Majorität des
Domkapitels gewählt, hinterdrein doch vom heiligen Stuhl
zu Rom, dem Konzil zu Basel und dem römischen Kaiser
mit rechtlichem Urteil entsetzt worden sei. Dadurch sei
das ganze Land gedrungen worden, jenen ungehorsam zu
werden. Schwere Parteiungen hätten dem ganzen Stift un-
ersetzbaren Schaden gebracht. Sie wollten deshalb nach
dem Tode Eb. Jacobs keinen neuen Herren mehr auf-
nehmen, sie hätten sich denn vorher darüber gemeinlich
besprochen umd volle Gewißheit, daß er mit Recht ihr
Herr sei.
Sie verlangen weiter, daß der neue Eb. ihnen gelobe
46. Die Einung in drei Ausfertigungen mit 56, 36, 21 Siegeln
im St. A. I. A 2223—26.
47. Koblenzer Stadtarchiv (im St. A.) I 308, 307. Abgedruckt
bei Hontheim II 423; Scotti Sammlung der Gesetze u. Verordnun-
gen, welche in dem vormaligen Kurfürstentum Trier etc. ergangen
sind 1832. p. 147.
48. " Ueber .die Bedeutung der landständischen Einungen, ihrem
Verhältnis zum Lande u. zur „gewillkürten Genossenschaft" cf.
Landständische Verfassung II 2. 62fr.
— 33 —
und schwöre, sie bei alter löblicher und hergebrachter Frei-
heit und Gewohnheit zu lassen, und daß er ihnen hierüber
einen besonderen Revers .ausstelle, dessen genauer Wort-
laut in der Einung festgelegt ist. Wenn d-ann gegen den
Wortlaut der beschworenen Freiheit einer von ihnen be-
drängt oder mit irgendeiner Neuerung darin gekränkt werde,
wollen sie sich gegenseitig mit Leib und Blut beistehen.
Damit endlich ihr Herr in der Lage sei, das Erzstift nach
Notdurft und zum Besten zu verwialten, wollen sie vor
der Huldigung Gewißheit haben, daß das Domkapitel den
Eb. nicht gegen den Nutzen, Heil und Wohlfahrt des Stifts
in der Wahlkapitulation gebunden habe. Die Beziehungen
auf die jüngstvergangenen Ereignisse sind ohne weiteres!
klar, aber davon abgesehen enthält die Einung nichts be-
sonderes, was nicht in den Nachbarstiften die kräftiger ent-
wickelten Landstände bereits besessen und geübt hätten.
In Mainz ritt bis zur Auflösung der landständischen Ver-
fassung im Jahre 1525 der neugewählte Kurfürst mit großem
Gefolge zu den versammelten Ständen nach Eltville. Er
wurde dort gefragt, ob er käme als ein gekonfirmierter Herr.
Dann verlas man das Wahlprotokoll und die Konfirmations-
bulle und der Eb. beschwor, mit der Hand auf einem ent-
sprechenden besiegelten Revers, Landrecht, Privilegien,
Wilküren und alt-löblich eS'Herkommen zu behalten, erst dann
erfolgte die Huldigung49. Es fehlt also nichts' von dem, was
auch die trierscheii Stände in der 'Einung verlangen. Ungleich
tiefgreifender wie die Triersche ist weiter die Kölner Erb-
landesvereinigung, die 1463 zum ersten mal geschlossen,
von da an regelmäßig den Wahlkapitulationen angehängt
wurde50. Es begegnen bei ihr unter den Grafen teilweise
49. cf. Bodmann p. 1 8 ff. p. 398.
50. Lacomblet, Urkundenbuch für die Geschichte des Nieder-
rheins i84of. IV nr. 325 Wolf, a.a.O.; Territorium u. Stadt p. 185
n. 2, 3.
— 34 —
dieselben Namen wie auch in Kur-Trier. Hervorgerufen
wurde sie durch die starke Verschuldung des Stifts, die
Folge einer unglücklichen äußeren Politik. Die ungleich
höhere Bedeutung der Kölner Stände, ihr starker Einfluß
auf Verwaltung und Regierung, äußert sich darin, daß ihre
Einung sich nicht mit so allgemeinen Forderungen begnügt
wie die Triersche. Auch sie enthält den.LArtikel, daß allemal,
wenn jemannd innerhalb oder außerhalb des Kapitels dem
von der Mehrzahl regelmäßig gewählten Herrn Zwietracht
machen wolle, die Stände ihm Gehorsam tun und ihm
helfen sollten, sein Stift zu behalten (Art* 12). Aber darüber
hinaus bringt sie eine Reihe von ganz bestimmten Gesichts-
punkten, Reform vonn Gericht und Verwaltung, Kurfürst-
licher Rat, Kriegserklärung, Verpfändung, Geldaufnahme,
eigenes ständisches Versammlungsrecht. Alle früheren Ver-
pflichtungen der Erzbischöfe gelten ohne weiteres mitein-
begriffen. Weltliche Stände und Kapitel handeln dabei so
sehr im Einvernehmen, daß alle in dieser oder in späteren
Kapitulationen enthaltenen Versprechungen auch für die
Stände Geltung haben sollen. Die Einung ist zusammen mit
der Kapitulation zustande gekommen und bei den folgenden
Wahlen jedesmal mit erneuert worden. Der Grund für
dieses im Vergleich zu den Trierschen Verhältnissen auf-
fallende Einverständnis zwischen Kapital und Ständen ist
in den finanziellen Verhältnissen zu erblicken. Das Dom-
kapitel, selber Landstand, war bis zur Zahlungsunfähigkeit
mit seinen Einkünften und Besitzungen für den Kurfürsten
eingetreten. Es konnte ihm nur vorteilhaft sein, daß die
Schranken, 'welche durch seine Kapitulationen dem Erzbischof
auferlegt wurden, noch durch ständische gesichert und ver-
stärkt würden, wie es andererseits aus eigenem Interesse
erzbischöflichen Steuerforderungen immer an erster Stelle
zustimmte51. Aber weder war der Trierische Kurfürst in der
Si. cf. Wolf.
- 35 —
Weise wie der Mainzer von der Steuerbewilligung seiner
Stände abhängig52, da er sich ja auf das subsidium seiner
Geistlichen beschränkte, noch fühlte vollends das Dom-
kapitel wie das Kölner ein Bedürfnis, seine Bestrebungen
mit denen der Stände zu verbinden. Erzbischof und Kapitel
waren sich eins im Widerstand gegen die unge rufen empor-
strebende Macht. Doch blieb die Einung alsbald nicht
ohne heilsame Wirkung. Das, Domkapitel ging mit äußerster
Sorgfalt vor, um das wieder drohende Schisma zu verhüten53.
Als nun trotz aller Vorkehrungen neben Johann von Baden
auch Diether v. Isenburg eine Reihe von Stimmen erhielt,
übertrug jener bis zur päpstlichen Bestätigung des Erz-
bischofs die weltliche Verwaltung des Stifts seinem Bruder
Karl v. Baden. Am 22. März 1457 wurden die Stände in
Koblenz versammelt und ihnen die päpstliche Bestätigungs-
bulle verlesen. Adel wie Städte weigerten sich, den Huldi-
gungseid zu leisten, da sie durch die Union gebunden seien.
In einer neuen Versammlung am 26. April (suchte der Unter-
händler des Domkapitels die Bedenken der Stände über die
Kapitulation zu zerstreuen und wies ungeheuerliche Gerüchte,
die sich daran geknüpft hatten, zurück. Dann verlas er
folgende Erklärung des Erzbischofs: wir sagen by unsern
fürstlichen truwen, das wir mit gebonden ensynt dem capitel
52. Jn Mainz wurden die weltlichen Stände schon frühzeitig zu
Landsteuern herangezogen; cf. Bodmann p. 784 ao 1383: in Ulis
diebus autumnalibus dominas Adolfus archiep. (1379 — 90) exegit
subsidium sive contributionem ab incolis Rinkau, qui viriliter se
opposuerunt, nullo modo quicquam dare volentes, multas causas
evadendi quesiverunt, etiam multa opprobria et convicia intulerunt
minis et diversis consiliis exquisitis, qualiter resistere possent, in
quibus nihil profecerunt, sed tandem secundum omnem voluntatem
ipsius dmni. archiep. oportuit ipsos solvere magnas pecuniarum
summas, quamvis invite." Bei Bodmann a. a. O. auch noch andere
Nachweise mehr.
53. Zum folgenden: Lager, Joh. II.
unsers doems noch emant anders, uch von uwer eynunge zu
dringen ader einiche sache zu hanthaben, die wedder unsers
stifts und siner undersaissen heil und wailfaren sy. Der Kur-
fürst wiederholte selbst diese Erklärung mündlich und be-
kräftigte sie mit seinem Fürstenwort. Die Stände gaben
sich schließlich damit unter Vorbehalt ihrer Einung zufrieden,
doch weigerte sich der Erzbischof, diese anzuerkennen;
Päpstliche Bullen und kaiserliche Mandate geboten den An-
hängern derselben, von ihr abzustehen54. In der langen
Regierungszeit Johanns schlief der Streit darüber ein. Doch
hatte man darum die Union nicht vergessen.
Am 26. Dezember 1499 wurde von dem „mehrer teil"
des Domkapitels Johanns Neffe, Jacob von Baden, zum
Koadjutor gewählt. Auch diesmal aber wollte es wieder zu
keiner Einstimmigkeit kommen und wieder wandte sich die
Opposition in einem umfangreichen Rundschreiben an die
geistlichen und weltlichen Stände des Stifts (6. Juni 1500)55.
Damit die Gerüchte über die Wahlstreitigkeiten ihrem
guten Vornehmen nicht zum Unglimpf ermessen würden,
beginnen sie mit einer eingehenden Darstellung der nach
ihrer Ansicht unrechtmäßigen Koadjutorwahl und erbieten
sich dann zu Recht vor unparteiischen Grafen, Herren,
Rittern oder den Ständen des Stifts. Auch bitten sie diese,
sie möchten auf den Erzbischof einwirken, daß er von seinem
Vorhaben abstehe. Sie selbst erreichten damit zwar nichts,
aber es blieb nicht ohne Wirkung, daß die allgemeine Auf-
merksamkeit so wiederum auf die Wahlstreitigkeiten ge-
lenkt wurde. Als die Stände im März des Jahres 1501 zur
Anerkennung der Wahl zu Zell im Hamm versammelt
wurden, antworteten sie darauf am 5. März mit der Er-
54. Näheres bei Lager.
55. Abgedruckt in Strambergs Rheinischem Antiquarius II 5
1856 p. 775, 1856 Or. St. A. Personalien der Eb. 22, BL
39—42.
_ 37 —
neuerung ihrer Einung von 145656. Sie wurde mit einigen
unwesentlichen Abkürzungen wörtlich übernommen. Doch
schloß sich daran ein längerer zusatz, der davon zeugt, daß
das Selbstbewußtsein der Stände mittlerweile eine Stärkung
erfahren hatte. Es war darin eine eigene Gerichtsbarkeit
vorgesehen für alle Fälle, welche die Einung angingen und
in denen jemand wegen ihr Gewalt erleide. Zwei Grafen und
Ritter werden zu geordneten Hauptleuten ernannt, im oberen
Stift Junker Salentin v. Isenburg und Friedrich! Zant (Ritter)
dazu zwei aus dem Rat zu Trier, desgleichen im Niederstift
der Herr v. Sayn, Jörg v. d. Leven und zwei Koblenzer
Stadträte.. An diese soll sich jeder wenden,' der sich irgend-
wie in seiner Freiheit bedrängt fühlt, nach Bedarf in Trier
oder Koblenz. Wenn ein Kollegium über den Fall nicht zu
entscheiden vermag, soll es das andere mit hinzuziehen. Im
Notfall können sie sofort einen Landtag berufen, zu dem
die beiden Stände zi\ erscheinen schuldig sind. Zudem wolle
man regelmäßig alle zwei Jahre Mitsommers, den anderen
Tag nach Johann Baptista (26. juny) eine gemeine Ver-
sammlung der beiden (weltlichen) Stände zu Cochem,
morgens um 7 Uhr beginnend, abhalten.
Eine ständische Gerichtsbarkeit ist schon früher ge-
legentlich erwähnt worden. Wir berührten oben, daß >. ;e
Opposition im Domkapitel den Ständen ihre Sache zur Ei S
scheidung anheimgeben wollte. In dem Streite des Kur
fürsten mit der Stadt Boppard sollte diese ihre alten, an-
geblich schon von Friedrich III. erlangten und ihre jüngsten
kaiserlichen Privilegien den drei Ständen des Stifts zur
Prüfung und Beurteilung vorlegen. Die Stadt weigerte sich
56. Erhalten in zwei Coblenzer Transsumpten vom 23. febr.
1502 St. A. I A. 2878 u. 79. Tn einem Transfix treten Schultheiß,
Schöffen, Gemeinde u. Pflege von Saarburg nachträglich bei, weiter
die Gemeinde von Kaisersesch.
— 35 —
freilich, dies zu tun57. Der Gedanke einer ständischen Ge-
richtsbarkeit war also damals nicht neu, und man wollte
sie jetzt regelmäßig in allen Fällen einführen, die den
dehnbaren Begriff der Privilegien und Freiheiten betrafen.
Aber die Stände waren überall und zu allen Zeiten eben
so rasch im Pläneschmieden wie langsam und säumig in
ihrer Durchführung. Auch in Trier ist von einer Ver-
wirklichung dieses hochfliegenden Projekts nichts bekannt
geworden. Doch war die Haltung von Kurfürst und
Kapitel diesmal auffallend entgegenkommender als im Jahre
1456. Das große Privileg, welches zwei Tage später, am
8. März den drei Trierschen Ständen erteilt wurde, erfüllt,
soweit dies am Landesherren lag, die Forderungen der
Einung. Eb. Johann hat es mit Rat und Bewilligung seines
Koadjutors und des „merer teils" seines Kapitels den geist-
und weltlichen Ständen, den „prelaten, capiteln, clösteren
und kirchen, unser geistlichkeit, auch graifen, herren und
ritterschaft, und steten, plegen und landschaften" seines
Stifts zu Trier zu Friede, Ruhe, Nutz und Gutem erteilt58.
Die Zusammensetzung des Landtags tritt uns hier nebenbei
bemerkt zum erstenmal deutlicher entgegen. Der Eb. ver-
pflichtet sich in dem Privileg, alle zwei Jahre Mitsommers
eine Versammlung seiner Stände zu Zell im Hamm abzu-
halten, wobei er und sein Kapitel zugegen sein wollen,
und zwar soll diese Versammlung „sonder einiche beschrei-
bung und erforderung" stattfinden. Damit darauf des Stifts
Notsachen zum Besten gehandelt werden. Wenn der Kur-
fürst außerdem zu einer anderen Zeit einen Landtag an
einen beliebigen Ort ausschreiben wolle, so sollen die Stände
pflichtig sein, darauf zu erscheinen wie von alters. Jacob
57. Das ausführliche Schreiben Eb. Johanns an den schwäbi-
schen Bund vom 7. juny 1497. Hontheim II 501.
58. Koblenzer Transsumpt des Originals vom 19. febr. 1502
im St. A. 1 A. 2880.
— 39 -
von Baden verspricht, nachdem der merer teil des Kapitels
und die Landstände59 ihn zum Koadhuter angenommen
und den darüber ergangenen päpstlichen Bullen und
Briefen Gehorsam erzeigt haben, die Freiheiten und Pri-
vilegien des Stifts zu halten, auch bei der Huldigung in
Städten und Pflegen, wie sie gewöhnlich im Stift erfolgt,-
alles nach bestem Verstand und Vermögen zu erfüllen.
Mehr verlangte auch die Landeinung nicht, nur geschah
die Bestätigung der Privilegien nicht in der demütigenden
Form, welche in ihr von Anbeginn törichterweise vorgesehen
war60, und die Wahlkapitulation wird nicht mehr erwähnt.
Darüber hinaus macht der Eb. aber noch eine Reihe
von Zugeständnissen. Er will seinen kurfürstlichen Rat nur
noch aus des Stifts Ständen und Untersassen ergänzen (Indi-
genat)
auf die Gerichte, weltliche und geistliche, fleißig sehen
lassen61,
mit Pfalz und Mainz, womöglich auch Köln eine Münz-
einung abschließen62,
bei kaiserlicher Majestät vorstellig werden, daß er die
Reichssteuer, welche jetzt im Stift aufgerichtet ist, abstelle.
59. cf. das falsch datierte (1493 statt 1503) Schreiben des Eb.
an Amtleute, Keiner Gemeinden etc., dem Markgrafen Gehorsam
zu leisten, den ihm der Papst zum Successor gegeben, „dafür dann
die Versammlung unsers stifts Trier ständen syne liebe angenommen
hat. Hontheim II 491.
69. Wir N. N. v. gottes gnaden eb. v. Tr. seindt dan der al-
mechtig gott durch seine unbegreifliche gute und mildigkeit sine
stifte von Trier mit unser persone, wiewol wir des unwürdig sein,
versehen hat.
61 cf. das Schreiben an die beiden OrTizialate mit Berufung
auf die Landstände, in denen die geistliche Gerichtsbarkeit be-
schränkt wird. 12. Mai 1501. Goerz Regesten der Erzbischöfe zu
Trier 1859 p. 318.
62. Am 8. August 1502 mit Pfalz u. Mainz „ut mannigfelt'ige
— 40 —
Er will endlich die jetzt bewilligte Steuer nicht wieder
heischen, eine typische Formel für alle derartigen Privilegien,
und mit Rat und Hilfe seiner Stände dafür sorgen, daß
alle Bürgen und Schuldner des Stifts befriedigt, die ver-
storbenen Bürgen ersetzt werden. Damit berühren wir die
wesentliche Vorbedingung des Privilegs. Wie kam es, daß
der Eb. der ersten Landeinung erfolgreich zu widerstehen
vermochte, während er jetzt so auffallend weit nachgab?
Gewiß war ihm viel daran gelegen, seinem Neffen die An-
erkennung als Koadjutor zu verschaffen, zumal wieder wie
bei seiner eigenen Wahl eine Opposition im Kapitel sich
regte. Aber 1456 hat ihn das nicht gehindert, der Einung
seine Anerkennung zu versagen und ihre Aufhebung durch
Papst und Kaiser zu erwirken. Die Einleitung des Pri-
vilegs gibt selbst die Antwort auf jene Frage : weil des
Stifts Stände sich gewilligt haben, ihm ein hülflich und
stattlich schank zu tun, damit er seiner und seines Stifts
merklich obliegender Beschwernis etliches maßen erledigt
werden möchte, um solcher ihrer Guttat willen hat der
Kurfürst ihnen diese Zugeständnisse gemacht.
Die finanzielle Lage des Stifts war von Anbeginn seiner
Regierung eine traurige. Die Baulust der Kurfürsten, seine
alchemistischen Neigungen, vereinzelte Ereignisse wie seine
Beteiligung an der neußer Fehde, der Empfang Karls des
Kühnen und Friedrichs III. in Trier 1473, sein Streit mit
dem Pfalzgrafen um Schöneck und Beilstein, bei dem der
Eb. sogar Silber und Kleinodien versetzte63, die Bopparder
Fehde 1497 trugen nicht dazu bei, die Geldverhältnisse gün-
stiger zu gestalten. Die Renten auf Aemter und Zölle
u. fleyßige ansuchen unser u. unsers stifts Untertanen, geistlichen
u. werentlichen, uf gehaltene Versammlungen u. lanttagen zu
furderunge gemeinen nutzens" abgeschlossen. Scotti I nr. 41
p. 205.
63. cf. die Denkschrift über die Ausgaben Johanns an das
Domkapitel von 1488. St. A. t. 1.
— 4!
waren von altersher größtenteils verschrieben, so daß nur
wenig über 10 000 gd. jährlich einkam. Eine Reihe von
Schuldnern hatten zusammen 12 000 gd. gekündigt, die
Städte, die sich vielfach verbürgt hatten, drängten auf Ein-
lösung der Schulden64, die Konfirmation Jacobs kostete
wiederum 14 506 Kammergoldgulden gleich etwa 20 300
rheinische gd. wozu noch etwa 1 — 2000 gd. für Gesandt-
schaftskosten kamen65. Zu dem begann sich der Klerus
seit den achtziger Jahren, vom Domkapitel unterstützt, ge-
gen die beständigen Subsidenforderungen der Eb. zu sperren.
Der einzige Ausweg aus allen diesen Schwierigkeiten konnte
nur darin liegen, daß der Eb. sich eine neue Steuerquelle
eröffnete, daß er auch die weltlichen Stände zu Land-
steuern heranzog, und aus dieser Zeit sind denn auch die
ersten Nachrichten über die Berufung eines Landtages be-
kannt66. Bei den ersten Steuerforderungen scheint sich der
Eb. auf Städte und Landschaft beschränkt und den Adel
ganz hinweggelassen zu haben67. Neben den gesonderten
Verhandlungen mit der Geistlichkeit treten wenigstens in
den Protokollen des Domkapitels nur Städte und Land-
schaft hervoi, so wenn der Kurfürst bei der Einlösung
des Schlosses Schöneck in der Eifel sein Domkapitel bitten
läßt:68 antreffend die subsidia, daß myne herren vom doem
sy gern daran syn willen und der priesterschaft vorhalten,
daß sie m. gn. h. etliche subsidia geben . . . auch wart
daselbst abgeredt, myn gn. h. wollte von der lantschaft
64. Protokollbücher des Dk. 1488.
65. Sauerland p. 97.
66. cf. Reg. Der Eb. 10. july i486 schreibt einen Landtag
nach Cochem zum 31. july aus. — 1492, 6 nov., Ausschreiben zum
1. dec. nach Zell im Hamm — 1494, 2. oct. zum 20. october nach
Cochem.
67. Ueber eine ähnliche Erscheinung in Jülich-Berg, Ldst. Ver-
fassung II p. 60.
68. St. A. Protokollbücher der Dk I B. 67 p. 143.
— 42 —
sture haben zu der obgenannten losunge Schoneck, daß
myn herrn vom doem zweigen darzu deputeren mit sampt
uns gn. herren freundt mit der lantschaft zu werben, oder
im Jahre 1488: demnach wir uch freundlich bitten und
empfehlen, mitsampt dem bemelten Gerhart Ringraven (ein
Kapitular) die stette und lantschaft under synen gnaden
zu solichen handel hulf und bistand zu tun ufs best und
freundlichst helfen raten und underrichten.
Die Erhebung und Verwahrung der landschaftlichen
Steuern lag in der ersten Zeit noch in geistlichen Händen
„item sullent jene, die da die subsidia ufhebent, auch die
lantsture ufheben, und weiter: uf daß die lantschaft un-
derricht werde und williger were, solche sture zu geben,
wart auch da abgeredt, daß soliche gelt von der subsidien
und lantsture nit ufgehoben werde sunder mit wissen zweier
uß dem capitel und zweier uß der pfaffheit und zweier
von myns gn. herren wegen, hinder welche soliche gelt
gelacht sulte werden und mit wißen ußgegeben zur losunge
des sloß Schoneck und bezalunge des gelehnten gelts und
des stifts nutz69 (1479). Vertreter der Landschaft werden
dabei nicht erwähnt.
Auch dies deutet darauf hin, daß sich eine Besteuerung
der Landschaft eben jetzt erst im Anschluß an die geist-
lichen Subsidien zu entwickeln begann, aber andererseits
fanden noch am Ende des XV. Jahrhunderts gesonderte
Verhandlungen mit dem Klerus, dieser wieder getrennt
nach Ober- und Niederstift statt. Erst seit dem Jahre 1501
sind auf allen bekannten Landtagen stets die drei Stände
insgesamt und der Klerus des ganzen Erzstifts vertreten.
Dieses Jahr bedeutet zugleich den Höhepunkt in der Ge-
schichte der trierschen Landstände. Beide Seiten, Landes-
herr und Stände, machen dabei Zugeständnisse wie nie
69. Piotokollbücher I B. 67 p. 143. Die Einlösung ist am
27. juny 1480 beurkundet. Reg. der Eb.
zuvor. Die finanzielle Notlage des Stifts vereint mit der
Sorge um die Anerkennung seines Koadjutors ringen dem
Eb. das Privileg ab, die Stände bewilligen, und zwar dies-
mal nicht bloß Geistlichkeit und Landschaft, sondern auch
die Ritterschaft für ihre Hintersassen, eine Landsteuer70.
Die Artikel des Privilegs verraten, daß der Landtag nicht,
wie in späteren Jahren, sich fast ausschließlich nur mit der
Steuerbewilligung befaßt, sondern auch in Fragen der
inneren Politik sich betätigt hat.
Für die nächsten Jahrzehnte versiegen die Quellen für
die Geschichte der Trierischen Landstände wieder fast voll-
ständig, erst durch das Aufkommen der Reichssteuern be-
ginnt seit 1542 eine von da an ziemlich vollständig erhaltene
Reihe von Landtagsabschieden und einigen anderen Notizen,
aus denen die Organisation der Stände näher erkennbar ist.
70. cf. hierzu das Buch der Anschläge t. 1. 10 und das Per-
petuale Eb. Johanns II. v. Baden A. I, 1 nr. 17.
II. Die Organisation der trierischen Landstände bis zum Be-
ginn des Prozesses mit der Ritterschaft.
1. Das Domkapitel.
Eine eingehendere Schilderung der Stellung des Dom-
kapitels innerhalb der Landesverfassung kann ich um so
eher unterlassen, als es nicht selbst zu den Landständen
zählte, außerdem die wichtigste Quelle für seine Tätigkeit,
die Sitzungsprotokolle, für die in Betracht kommende Zeit
nicht mehr vorhanden sind und über die Wahlkapitula-
tionen von Anbeginn bis zur französischen Revolution eine
eigene Arbeit im Erscheinen begriffen ist.
Eine Beteiligung des Domkapitels am Landtage als
Mitglied des geistlichen Standes ist nur einmal ausnahms-
weise erfolgt bei der Bewilligung des gemeinen Pfennigs
von 1542 und 1544. Damals haben die Gesandten des
Domkapitels mit den übrigen Vertretern in die Türkensteuer
gewilligt und dieses ist dementsprechend veranschlagt wor-
den. Sonst war es von allen Steuern frei1. Bei den Land-
tagen war es darum nur in seiner Eigenschaft als
Erblandesherr vertreten. Bei Eröffnung des Landtages stand
der Eb. mit seinem Kapitel und seinen Räten auf der einen
Seite und ließ die Proposition verlesen, auf der anderen
standen Ritterschaft, Klerisei, Städte und Pflegen2. Hierauf
i. t. 1. V, Abschied von 154?, cf. Reg. der Eb. 1421 lo.july.
Der Eb. reversiert sich seinem Dk., daß die ihm von letzterem be-
willigte Steuer zur Hilfe gegen die böhmischen Ketzer kein Recht
auf künftige Steuererhebung vom Dk. gebe. — Anschlag der Geist-
lichkeit von 1544, Buch der Anschläge t. 1. 10.
— 45 —
leiteten Domkapitel und Räte gemeinsam die Verhand-
lungen der Kurien untereinander und mit dem Kurfürsten.
Der Vertrag mit der Ritterschaft vom Jahre 1547 (3. De-
zember) ist nur durch Vermittelung des Domkapitels zu-
stande gekommen.
Das in den Kapitulationen festgelegte Konsensrecht, na-
mentlich daß der Kurfürst keine Subsidien und Steuern ohne
Willen des Domkapitels ausschreiben durfte, brachte es
mit sich, daß er beim Ausschreiben von Landtagen an
dessen Zustimmung gebunden war. Der Landtag war stets
mit einer Vorverhandlung im Kapitel verknüpft, die Pro-
positionen erwähnen gelegentlich ausdrücklich seine Zu-
stimmung. Die aus den achtziger Jahren des XV. Jahr-
hunderts erhaltenen Protokolle lassen zur Genüge erkennen,
daß dieses, wenigstens in jener Zeit keineswegs eine bloße
Formsache war, das Kapitel weigerte sich zuweilen selbst,
den Subsidienforderungen zuzustimmen. Als der Eb. 1481
den Beirat der zu ihm gesandten Kapitularen zu umgehen
suchte, legt das Kapitel dagegen energisch Verwahrung ein.
Es sei darüber sehr befremdet, „den wane etwas vorgenom-
men wirt, da dem stift und undersaßen des stifts merk-
lich an gelegen ist, so myne wir nit, daß jemand darzu
billiger zu reden habe dann vurgenannt doemcapitel nach
der pflicht, ein jeklicher ertzbischof zu Trier einem doem-
kapitel behaft und verwant ist." Deshalb solle er sich heute
oder in einem der nächsten acht Tage persönlich in das
Kapitel verfügen um über die Sache zu sprechen3.
2. ct. Reichsritterschaft (R. R.) Kanton Niederrhein VIII i
tomus attestationum I 580. Ueber diesen siehe unten.
3. St. A.Dk.IB.öyp. 153, cf. Lager Repertorium der Dk. im St. A.;
B. no. 149 1498, 2. dec. Der Kf. solle drei Mitglieder des Dk. in
seinem Rat haben, um zu überlegen, wie das Erzstitt die aus
verschiedenen Ursachen, namentlich der bopparder Fehde ent-
standenen Unkosten abtragen könne, cf. Görz Reg. 1498, 23. apr.
— 46 —
Bis zum Ende des XV. Jahrhndderts bewahrt sich das
Domkapitel auch einen Einfluß auf Erhebung, Verwahrung
und Verwendung der Subsidien und Landsteuern. Bereits
1286 ließ sich dies vereinzelt feststellen. 1479—1480 sollen
sechs Verordnete, zwei vom Kapitel, zwei von der Geist-
lichkeit und zwei vom Kurfürsten Subsiden und Landsteuer
erheben und dem Kapitel zur Verwendung einliefern4. Noch
1488 vergleicht es sich mit dem Eb, daß es zur Erhebung
der bewilligten Subsidien die Kommissare ernennen soll5.
Nach der vollen Ausbildung der landständischen Ver-
fassung im XVI. Jahrhundert haben die Stände die Ver-
waltung und Einnahme ihrer Steuern selbst in die Hand
genommen, die allerdings in den allermeisten Fällen ohne
weiteres dem Kurfürsten ausgeliefert wurden.
2. Der geistliche Stand.
Während in Mainz und Köln der Klerus für sich allein
zu Subsidienverhandlungen berufen wurde, kamen in Trier
seine selbständigen Versammlungen ab, seitdem auch die
weltlichen Stände zu Landsturm herangezogen wurden. 1501
war die Geistlichkeit des Ober- und Niederstifts auf dem
Landtag vertreten, seitdem läßt sich kein Landtag mehr
ohne sie nachweisen. Eigene Versammlungen kamen nur
vor wegen der Bewilligung von Palliengeldern, die von dem
gesamten Diözesanklerus getragen wurden.
Die geistliche Kurie setzte sich zusammen aus den
Kollegiatstiften, den Klöstern und den Landdekanaten. Die
Aebte konnten sich durch bevollmächtigte Gesandte ver-
treten lassen, die Frauenklöster waren immer hierauf an-
gewiesen. In der Regel übernahm wohl ein Abt ihres
4. Dk. I B. 67 p. 143.
5. Reg. der El>. 23. july 1488. Protokollbücherl B 68. p. 20.
— 47 -
Ordens diesen Auftrag6. Die Gesandten waren an die
Instruktion ihres Konvents, Stifts, Dekanats gebunden7.
Doch hält es schwer im einzelnen nachzuweisen, wer
auf dem Landtag vertreten war. Wir sind dabei angewiesen
auf zwei Listen eine von 1515, die andere von 1548, beide
bei Hontheim abgedruckt8. Die erste hiervon ist sehr
lückenhaft, die zweite, deren Echtheit nicht zweifelhaft sein
kann, scheint hingegen für alle drei Stände vollständig zu
sein. Nach dieser Liste waren auf dem Landtag nur Ange-
hörige des Diözesanklerus vertreten, von diesem jedoch nur
solche, die im Stift selbst begütert und demnach zur Land-
steuer verpflichtet waren. Der Nachweis läßt sich führen
durch einen Vergleich mit den geistlichen Landsteuer-
registen. Solche sind allerdings erst aus späterer Zeit er-
halten, für den Niederklerus aus den Jahren 1576 und 1582,
für den oberen von 1603. In ihnen kehren alle 1543 ver-
zeichneten Körperschaften wieder, es fehlen nur einige
6. cf. Hontheim II, 715. Zettel etlichen Aebten eingelegt: wullest
auch in deines ordens propsteien und prioraten, auch jungfrauen
oder frauenklöster, so under deinem bevel . . . seind, diese unser
meinung forderlichen anzeigen, dich mit inen doruf entschließen
und vollen gewalt von inen namen, gestalt uf egenantem tag von
iren wegen auch entlich zu handeln. 1548.
7. cf. n. 6. Ferner: Ausschreiben an Dekan und Kapitel
St. Florin zu Koblenz, zwei oder drei von ihnen sollten mit voller Ge-
walt in Cochem erscheinen, nachdem sie sich zuerst unter sich fürder-
lichst unterredt hätten. 1541. Hontheim II.; t. a. I 393;
1554 hätten die Gesandten der Oberklerisei in ihrer Konstitution
ausdrücklichen Bevehl gehabt, Steuer nur unter der Bedingung zu
willigen, daß auch die Ritterschaft mitsteuere. Zeuge legt die
Originalinstruktion vor.
8. Die Liste von 1 5 1 5 bei Hontheim II 603 aus dem Tempo-
rale Richards v. Greifenclaw St. A. A. 1 1 no. 23 p. 237. — Die
Liste von 1548 Hontheim II 7 15 unbekannter Herkunft, wahrschein-
lich aus der Kanzlei stammend.
— 48 -
durch die Reformation oder sonst mittlerweile eingegange-
nen, wie die Abtei Grünau, die Stifter Itstein, Gemünd,
Dietz9 im Nassauischen. Von den übrigen Steuerpflichtigen
fehlen 1548 alle Angehörigen fremder Diözesen, vom eigenen
Diözesanklerus nur etliche Frauenklöster und ganz arme
Klöster, denen wohl die Reise zum Landtag zu kostspielig
war, so alle Bettelorden.
Die durchweg mit reichen Pfründen ausgestatteten Stifts-
kirchen sind vollzählig vertreten, von den reich begüterten
Benediktinern, Zisterziensern, Prämonstratensern, Kar-
thäusern10, Augustinern (Springersbach) sind die Männer-
klöster ohne Ausnahme verzeichnet.
3. Der Adel.
Wie die Geistlichen, so verhandelten auch die vom Adel,
Grafen, Herren und Ritterschaft nur in einer einzigen
Kurie, es gab keine besondere Grafenkurie, wie etwa in
Köln. Schon seit altersher begegnen uns ausländische
Dynasten im Rate der Erzbischöfe. Die meisten der um-
liegenden Grafengeschlechter standen mit dem Kurfürsten
im Lehnsnexus, manche hatten ihre eigene Grafschaft, un-
beschadet ihrer Reichsunmittelbarkeit, zu Lehen aufge-
tragen11. Aus dem Lehnshof heraus muß sich die Berechti-
9. Von den Stiften fehlt sonst nur noch das Marienstift in
Prüm, von den Klöstern die Benediktiner-Abteien Neu-Münster in
Luxemburg und Prüm in den Steuerlisten. Die letztere war 1574
durch ewige Union mit der erzbischöflichen mensa vereint worden.
Ihre Einkünfte galten daher wohl als steuerfreies Kammergut.
Bei einigen ausländischen Dekanaten herrscht Unklarheit.
10. Die 48 vertretene Karthause zu Rettel (arm) kehrt in den
Steuerlisten nicht mehr wieder, cf. Marx IV, 340.
11. cf. z. B. Hontheim II, T44, T34.0. Johann Graf von Sayn
trägt seine Burg Sayn mit Zubehör und eine Reihe anderer Be-
- 49 -
gung zum Besuch des Landtags entwickelt haben. Im
16. Jahrhundert sind das entscheidende aber nicht mehr
lehnrechtliche Beziehungen, sondern Landbesitz innerhalb
des Territoriums12. Von einer Unterwerfung dieser Grafen
unter die Landesherrschaft kann keine Rede sein. Die
Grafen konnten sich durch bevollmächtigte Abgesandte Ver-
sitzungen und Rechte dem Eb. zu Lehen auf, mit dem Vorbehalt,
daß sie nicht aus Mangel an Erben heimfallen können.
12. Abschied von 1556, Honth. II, 76g, die Grafen und Herren,
„die seine chf. gn. lehenmann seyn und ire undertanen im stift
sitzen haben", sollen neu beschrieben werden t. a. I, 405, Graf zu
Winnenburg-Beilstein „es seien auch wohl mit erschienen, die im
erzstift nit geseßen.
13. cf. den Bericht des Wittgensteinschen Gesandten zum Land-
tag von 1556 R. R. VIII, 9 Beilage nr. 19: Die Grafen und Herren
so persönlich zugegen gewesen, dgl. der abwesenden Gesandten
haben sich in keine Handlung einlassen wollen, weil der Kf. sie als
Landsassen und Untertanen beschrieben habe. Dieser habe darauf
erklären lassen, es sei nicht gefährlicher Weis, sondern aus Irrtum
geschehen. Es solle in der Kanzlei registriert und abgestellt werden.
Damit aus dem Schreiben kein Präjudizium entstehe, wolle der Kf.
ihnen einen Revers ausstellen. — Eigentümlich wirkt eine Korre-
spondenz zwischen dem Grafen Jacob von Manderscheid Blankenheim
und dem Kurfürsten. Abgedruckt bei Hontheim II, 708; cf. die
Regesten des Kurfürtentums Trier im St. A. — Der Graf war durch
ein kaiserliches Mandat zum Reichstag berufen worden. Er schreibt
dem Eb. unter dem 4. sept. 1547, er trage vom Reich nichts zu
Lehen, sondern alles vom Eb. „als meinen rechten hohe und
landtherren", zum teil auch von Luxemburg. Er bittet den Eb., er
wolle ihn bei kais. Maj. und dem heiigen Reich vertreten, wie es
bisher geschehen wäre. Vielleicht versuchte der Graf so durch
eine dick aufgetragene Schmeichelei die kostspielige Reise zum
Reichstag zu sparen, der Eb. antwortet: (16 sept.): „aber
nichts destoweniger, woe ir, durch uns, als, den ir euweren
schreiben nach für euern herrn und Landfürsten erkennt in f ur-
fallenden noeten euer undertanen (gemeint sind damit wahrschein-
lich, wie aus Verhandlungen mit andren Dynasten hervorgeht, die
— 50
treten lassen14. Zu den Grafen gehören weiter noch einige
altfreiherrliche Geschlechter, die nie zur landsässigen Ritter-
schaft gezählt haben, sondern kleine Territorialherren sind,
wie die Herren zu Isenburg, Winnenburg, Westerburg. Bei
manchen Familien scheinen schon damals Zweifel bestanden
zu haben, wozu sie zu zählen seien. Die Vögte von Hunol-
stein, eine alte Ministerialenfamilie, stehen auf der Land-
einung von 1456 vor den Freiherrn von Winnenburg, in der
Liste 'von 1548 werden die Bayer von Boppard, ebenfalls
frühere Ministerialen, zu den Grafen gezählt. Auch in den
Reichstagsakten finden sich die Vögte mitten unter Grafen-
häusern auf dem königlichen Tage zu Koblenz 1414, auch
werden sie zum Hussitenkriege angeschlagen wie andere
Unmittelbare15.
im Erzstift ansässigen Leibeigenen des Grafen, hierüber cf. p. 56)
so in unserm stift gesessen gleich andern unsern oder derjenigen,
so wir bisher usgezogen haben mit zimlicher Steuer belegen lassen,
und daß sie uns damit gewertig sein, bewilligen wullet, so
seien wir dogegen urpüttig, euch als einen graven und stand
unsers ertzstifts in des Reichs anlagen zu vertreten und ver-
antworten, auch solichen anschlag, wo der uns von euern wegen
ufgelegt werden solt, für euch zu entrichten ....
14. R. R. VIII, 9, Schreiben des Grafen Ludwig v. Sayn
Wittgenstein an seinen Amtmann zu Neumagen (gehörte halb zu
Trier). Er wisse nicht, ob er wegen der Herrschaft Neumagen auf
dem Landtag zu erscheinen schuldig sei. Wenn sein seliger Vetter
Heinr. zu Isenburg es getan bezw. für die Herrschaft mitgesteuert
habe, möge er (der Amtmann) den Landtag von seineswegen be-
suchen und, soweit Neumigen belangt, mitsteuern. Wegen der Herr-
schaft Val lender sei er zu nichts verpflichtet — über den weiteren
Verlauf cf. Moser, Staatsrecht des churfürstlichen Erzstifts Trier 1740
p. 136 § 32, 33. — Auf dem Landtag von 1556 waren nur die
wenigsten Grafen persönlich zugegen und der Abwesenden Gesandte
ungenügend bevollmächtigt, cf. Honth., II. Abschied.
15. ct. Deutsche Reichstagsakten, herausgegeben von der
historischen Kommission zu München, ältere Reihe VII no. 143,
VIII no. 145.
— 51 —
Der weitaus überwiegende Bestandteil der Adelskurie
war die landständische Ritterschaft. Als Berechtigung zum
Besuch des Landtags wird stets angegeben Lehnsabhängig-
keit und Besitztum im Erzstift. Noch gegen Ende des
16. Jahrhunderts wissen der Landesherr und seine Räte nicht
klar die Frage zu beantworten, was von beiden der eigentlich
entscheidende ist16. In einem erhaltenen Original-Ausschrei-
ben an Wilhelm v. Breitbach wird dieser aufgefordert, bei
seinem Eid und Pflicht, damit er dem Erzbischof und Stift
alsLehenmann und Hintersasse zugetan und verwandt ist, auf
dem Landtag zu erscheinen (27. july 1554)17.
Nur das Kanzleipersonal unterscheidet bereits scharf
zwischen Lehnspflichten und Landstandschaft18, das eine
16. cf. Die verschiedenen Zeugenaussagen im t. a. I: 73 Faber
1561 — 68 trierischer Rat: seines Wissens seien zum Landtag berufen,
so entweder s. ch. gn. als Lehnleut, Räte, Diener Beistand getan
oder auch von wegen dessen, daß sie im Erzstift begütert. — 198.
Phil. v. der Ecken, Schultheiß u. Kellner zu Boppard, ein alter
trierischer Beamter: Die ausländischen seien begütert unter s. ch. gn.
oder trügen Lehen von ihm. — 236. Eb. Jacob v. Elz . . . die im
Stift wohnen seien Landsassen, die daraus sitzen seien keine Land-
sassen, denn allein ratione bonorum, die sie im Stift haben;
erschienen auch wohl Lehnlaut.
17. R. R. VIII, 2; II, 8.
18. t. a. I, 465. Christoph Brandt, Schultheiß zu Koblenz,
63 — 74 Notar am Hofgericht: Wann die Lehenleut beschrieben
würden, wie Zeug dies im markgräfischen Krieg mit habe helfen
tun, beschriebe man nit allein die vom Adel, (sondern auch Grafen
und Herrn) und werden ut eine andre meinung beschrieben,
nemblich, daß sie mit Pferd und Harnaß den Erzstift in vor-
fallenden Nöten helfen vertheidigen. — 810. Balthasar Bohlen,
Kellner in Zell, 52 — 68 an der Kanzlei tätig: In Kriegsnöten würden
alle Lehnleut beschrieben, sie seien gesessen wo sie wollen . . . .
Er könne nicht wissen, worumb man die beschreiben solle, die im
Erzstift weder gesessen noch begütert seien. — doch auch 224. Freiherr
v. Winnenberg: Das wiß er, daß niemandts zu den Landtagen be-
— 52
scheint sich also langsam und unvermerkt aus dem anderen
herausgebildet zu haben. Eine Beschränkung der Landtags-
fähigkeit auf den Besitz einer Burg, eines adligen Sitzes,
wie ihn Below für Jülich Berg und auch für einige andere
Territorien nachweist19, gab es in Trier nicht, sie hätte sich
auch später kaum entwickeln können wegen der gebirgigen
Beschaffenheit des Landes. Von Bedeutung sind hier nur die
großen Burgen, deren Ruinen noch heute der Rhein- und
Mosellandschaft ein charakteristisches Gepräge geben, und
die befanden sich in Trier mit wenigen Ausnahmen in den
Händen des Landesherren. Die Burg worauf sich die Land-
tagsfähigkeit der bergischen Ritter stützt, ist durchweg der
Typus der Wasserburg, „ein, alter steinen Strunk in einem
Wassergraben", — „ligen beide in iren weieren" und ähn-
liche Beispiele mehr führt v. Below an. (Terr. u. Stadt 99,
103.) Diese Art von adligen Sitzen ist aber an die Ebene
geknüpft, auch die übrigen Beispiele aus anderen Territorien,
die v. Below anführt, weisen alle dorthin. In Trier findet
sich in den historischen Quellen und in der heutigen Land-
schaft keine Spur davon, während sie im Rheingau wieder
auftauchen20. Eine Matrikel hat es in Trier, solange die
Ritterschaft landsässig war, nicht gegeben, wohl führte man
in der Kanzlei besondere Personalverzeichnisse.
schrieben werde, denn allein die im Erzstift begütert sein. Ueber
Lehnsabhängigkeit als Grund der Landstandschaft in der Kur-
Mark Brandenburg cf. v. Belows Recension in der historischen Zeit-
schrift ioo p. 324.
19. cf. Territorium u. Stadt, p. 9g, 160, 207.
20. cf. Bodmann I, 253. Zum Stand eines rheingauischen
schildbürtigen Dienstmannes gehörte wesentlich eine adlige Wohnung,
Hof oder Ritterseß.
21. t. a. I 238, 274, 454 (Brandt), die Adligen hätten sich ihres
Ausbleibens schriftlich entschuldigt, was andere ihre Mitgenossen
bewilligten, daß ihnen das nicht zuwider sein sollte.
— 53 —
Die Ritterschaft erschien wie allenthalben persönlich
auf dem Landtag. Es wurde als selbstverständlich ange-
sehen, daß niemand ohne redliche ehafte Verhinderung aus-
blieb. Wer verhindert war zu erscheinen, ließ sich münd-
lich oder schriftlich beim Erzbischof entschuldigen und er-
klärte sich dabei mit den Beschlüssen des Landtags für ein-
verstanden21 oder erteilte auch einem anderen Ritter Voll-
macht, ihn mitzuvertreten22. Der Sprecher der Adelskurie
wechselt, er ist nicht wie zu erwarten wäre der Erbmarschall,
einmal begegnet der Herr v. Winnenburg, ein andermal Phil,
v. Nassau. Seit Beginn des Prozesses (1577) fangen Grafen
und Ritterschaft an, sich vom Landtag zurückzuziehen, mit
ihnen die Johanniter zu Trier und Hönningen, die Deutsch-
herren zu Trier, Koblenz und Breitbach (Liste von 1548),
doch wurden sie noch lange Zeit vergebens berufen23.
22. In einem Originalausschreiben vom 4. juli 54 R. R. II, 8
wird von W. von Breitbach direkt verlangt, er solle im Fall der
Verhinderung einen Bevollmächtigten schicken. — Derselbe an
Jörg v, Elz, Amtmann zu Meifelt 8. juni 57. Führt triftige Gründe
an, weshalb er zum Landtag nicht kommen könne, bittet v. Elz,
ihn beim Kf. zu entschuldigen, erklärt sich mit den Beschlüssen
des Tages einverstanden. — Hans Reichardt v. Elz, Amtmann zu
Molsberg an seinen Bruder Jörg: Bittet ihn, ihn beim Eb. wegen
des Landtags entschuldigen zu wollen „und wo dich bedunkt, daß
bei hochgedachtem' unseren gnedigsten herren meins ausbleibens
halben einige Ungnade verstanden wurd, beger ich, du wollst mich
derselbig verstendigen, will ich demselbigen zuvorkommen und uf
gedachtem landtage erscheinen. 1. juni 1557. R. R. II, 8.
23. Hontheim III, 673. 25. juni 1652. Die Landstände haben
sich beschwert, daß die Ritterschaft nicht wie herkömmlich zum
Landtag geladen sei. Der Eb. antwortet, da dies doch immer
umsonst gewesen sei, hibe man es seit etlichen Jahren unterlassen,
doch wolle er sie zum nächsten Mal laden.
— 54
4. Städte und Landschaft.
Der dritte Stand, Städte, Pflegen und Landschaft, er-
scheint von den ersten Nachrichten über den Landtag an
stets in dieser Bezeichnung. Ein Hervortreten des städti-
schen Elementes haben wir zuerst in der Urkunde Balduins
vom Jahre 1339 beobachten können.
Einen engeren Kreis landtagsfähiger Städte gibt es in
Trier nicht, sie sind alle gleich berechtigt, es sind dies :
Trier, Koblenz, Boppard, Obervvesel, Limburg, Montabaur,
Cochem, Münstermeifeld, Meyen, Zell, Berncastel, St.
Wendel, Saarburg, Pfalzel, Wittlich.
Die städtischen Gesandten erhielten ihre schriftliche
Vollmacht, die sie auf dem Landtag vorlegen mußten, sowie
ihre Instruktion, an die sie gebunden waren, vom Stadtrat24.
Die Gesandten waren durchweg selbst Ratsfreunde, mit
Vorliebe die Bürgermeister selbst und der Stadtschreiber.
Nach einer Vollmacht der Stadt Koblenz vom 13. Mai 155125
wurden neben vier Mitgliedern des Bürgerrats auch fünf
Ritterräte zum Landtag entsandt. Einen Ritterrat gab es
zu dieser Zeit meines Wissens sonst nur noch in Boppard.
Mit der Ritterschaft zogen auch sie sich vom Landtag zurück.
Die Zahl der Gesandten war zuweilen nicht unbeträchtlich.
1602 waren Koblenz und Trier durch je fünf, die übrigen
Städte durch zwei und drei, 1620 die beiden erstgenannten
durch je acht Gesandte vertreten26.
Sprecher der Landschaftskurie war der Stadtschreiber
von Trier, er nimmt die schriftliche Proposition in Empfang,
24. cf. t. a. I, 866. Instruktion des Stadtschreibers von Maien,
gegeben nach einem wegen Steuerstreitigkeiten vertagten Landtag;
item, die scheffen und rate geben iren beschaidt. wann noch das
corpus ergänzt würd, sey man wie vor gutwillig, unsen gebur zu
angesaigten tagen zu geben. — actum im sitzenden rat 1556.
25. t. 1. 7.
26. t. 1. 516 u. 7 p. 93.
55
leitet die Verhandlungen und trägt den Beschluß der Ver-
sammlung vor27.
Außer den Städten haben auch die Aemter, Pflegen, „der
Landmann" ihre eigene Vertretung auf dem Landtage. Der
Ausdruck städte und pflegen begegnet, wie bemerkt, seit den
ersten Nachrichten vom Ende des 15. Jahrhunderts.
Dieselben Distrikte, auf welche die Gesamtsteuersumme
repartiert wurde, also in den meisten Fällen die Aemter,
waren auch auf dem Landtag vertreten, wie sich aus einem
Vergleich zwischen den Repartitionslisten28 und den Ver-
zeichnissen der Landtagsbesucher ergibt. An die Amt-
leute erging das Ausschreiben mit der Weisung: „du
wullest deine amptsverwandten zusammen lassen kommen
und ihnen die meinong zu erkennen geben, auch an sie be-
geren, daß si zweien.' aus ihnen mit vollen gewalt" ent-
senden29. Wo Städte Sitz eines Amtes waren, hatte dieses
seine eigene Vertretung, mit der freilich mehrfach die
städtischen Gesandten bevollmächtigt werden. Es ist nicht
näher bekannt, in welcher Weise die Aemter ihre Gesandten
bestimmten, vermutlich geschah es durch Schultheißen und
Schöffen, die auch Verteilung und Erhebung der Steuern be-
sorgten.
Neben diesen eigenen Abgeordneten der Aemter wurden
auch die Amtleute berufen30.
Städte und Landmann verhandelten in einer Kurie. In
den Städten selbst sind die Verhältnisse wesentlich bäuer-
liche. Sogar eine immerhin so bedeutende Stadt wie Boppard
setzte sich zum größten Teil aus Frohn- und Bauernhöfen
27. t. a. I 871, t. 1. VII. Abschied zu Zell, 21. mai 51.
28. Die vorhandenen Repartitionslisten im Anhang.
29. R. R. II, 8. Ausschreiben an Jörg v. Elz.
30. ct. Hontheim II, 718, ferner Ausschreiben an J. v. Elz,
24. apr. 51 mit dem Zusatz: wullest auch uf egenanntem tag selbst
erscheinen neben andern gleichfalls helfen handeln; ein anderes Aus-
schreiben an ihn enthielt den Zusatz nicht.
— 56
zusammen. Die gerade für Stadt und Amt Boppard ein-
gehende Nachricht im Feuerbuch von 1564 beleuchten dies
sehr deutlich. Für die Entwicklung eines spezifisch städti-
schen Lebens fehlen in Kur-Trier die natürlichen Vorbe-
dingungen. Das Stift erstreckte sich in langem Zuge dem
Lauf der Mosel entlang; und darüber hinaus bis in den
Westerwald, während die großen Handels- und Verkehrs-
straßen Deutschlands von Süden nach Norden gehen. Das
Land selbst enthält auch keine Schätze, die eine boden-
wüchsige Industrie hätten hervorbringen können31. Anderer-
seits war die bäuerliche Freiheit hier wie in ganz Südwest-
deutschland nur höchst unbedeutend eingeschränkt. Die
Bemerkung eines bayerischen Juristen vom Jahre 1759, „daß
heut zu tag ein leibeigner und anderer gemeiner bauer fast
wie zwei tropfen wasser einander gleich sehen32, bestätigt
sich auch in Trier. Das Feuerbuch von 1564 nimmt auf die
Pflichten der Leibeigenen besondere Rücksicht. Das Haupt-
merkmal, worin sich diese von den freien Bauern unter-
scheiden, besteht darin, daß sie keine beede zahlen, aber
ihren Leibheren zu einem Leibschatz, Leibbeede, verpflichtet
waren. 3, auch 4 alb. jährlich werden genannt. Zudem
konnten sie sich von der Leibeigenschaft loskaufen, wenig-
stens haben sie dies im Bopparder Reich auf die Aufforde-
rung des Schultheißen hin zum größten Teil getan33.
31. cf. Ademeit, Beiträge zur Siedelungsgeographie des unteren
Moselgebiets in den Forschungen zur deutschen Landes- und Volks-
kunde v. A. Kirchhof! B. XIV, Heft 4, 1903.
32. cf. Grosch, das spätmittelalterliche Niedergericht auf dem
platten Lande am Niederrhein in Gierkes Untersuchungen zur
deutschen Staats- und Rechtsgeschichte. Heft 84, igoö.
33. cf. das Feurbuch von 1564 Kur Trier, Statistik 5 |ö, p. 43.
36, 10, den Leibherren seien sie mit dem Leibschutz schuldig,
cf. Rörig, Entstehuug der Landeshoheit des trierer Erzbischofs etc.
Westdeutsche Zeitschrift, Ergänzungsheft XIII, p. 62. Hont-
heim III, 167.
III. Der Landtag.
1. Seine Organisation.
Die Berufung zum Landtag erfolgte im allgemeinen vier
Wochen vor dem Termin, auch bei Vertagungen lag eine
Zeit von mindestens 2 — 3 Wochen zwischen den einzelnen
Versammlungen. Die Proposition wurde in der Kanzlei
redigiert und in vier Exemplaren hergestellt, je eins für
den Landesherrn und jeden der drei Stände1. Auf dem Land-
tag zu Koblenz, 11. Februar 1576, gab man nur eine Kopie
insgemein heraus, „weil nit nutz were, daß die secreter und
mängel des stifts" weit verbreitet würden. Man gab auch
nicht zu, daß sie abgeschrieben wurde, sondern ließ sie
nachher wieder zurückgeben2. Der Landesherr war, soweit
sich erkennen läßt, wohl anwesend, griff aber nicht persön-
lich in die Verhandlungen ein3.
Die Proposition wurde den Ständen gemeinsam verlesen,
1. cf. t. a. I, 804 Brief des Rats Michael Stauden an einen
Kanzleibeamten; sein gn. herr (der Eb.) habe ihm (Stauden) ein
Konzept der Landtagsproposition gesandt und ihn gebeten, allerlei
zu und ab zu tun. Er (der Beamte) solle sorgen, daß sie viermal
abgeschrieben würde, den drei Ständen und dem Kanzler je ein
Exemplar.
2. t. a. I 590.
3. cf. Trier, Stadtbibliothek la 47, 14. febr. 47, erstlich hait
. . . herrn Joh. Ludwig . . . sich anfenklich lassen entschuldigen,
daß i. ch. gn. nit by die loblichen Versammlung eigener person
war, da selbiger gimuet u. meinung erlich ist gewest, nit mocht
ersehynen mit erzelung der ursach.
- 58
meist durch den Kanzler, Erzbischof, Kapitel und Räte auf
der einen, die Stände auf der anderen Seite stehend4. Darauf
traten diese kurienweise gesondert zur Beratung ab. Die
Verhandlungen innerhalb der drei Kurien leitete der
Sprecher, zwischen ihnen gingen hin und her Abgeordnete,
da man sich nach Möglichkeit einer gemeinsamen Antwort
zu vergleichen suchte. Der Freiherr von Winnenberg
schildert die Verhandlungen folgendermaßen: Nachdem die
drei Stände gesonderten Rat gehalten haben, kommen die von
der Klerisei zu Grafen, Freiherrn und vom Adel und melden,
• was sie in ihrem Rat vor Guts angesehen. Das nehmen
diese in Bedenken. Darnach kommen auch die von Städten
und Pflegen und tun desgleichen . . . Darnach, wann die
Grafen, Herren und vom Adel sich auch ihrer einbarer
Meinung verglichen, und dieselbe mit der Klerisei, Städten
und Pflegen zusammen bestimmt haben, so kommunizieren
sie mit den andern und wird desfals eine Antwort von aller
Stand wegen geben. Können sie aber nit vergleichen, so
sprechen die Grafen, Herren und vom Adel, daß sie für sich
ihr ch. gn. uf die Proposition beantworten wollen, und wird
dann die Antwort geben durch die Herren Grafen einen
oder durch |einen vom -Adel (oder durch einen secretarium oder
Diener von wegen Grafen, Herren und vom Adel5. Den Ver-
kehr mit dem Landesherren vermittelte namentlich das Dom-
kapitel, das jedesmal drei Vertreter zum Landtag entsandte.
Die Verhandlungen, die seit 1544, also unseren ersten aus-
führlichen Nachrichten, durch den beständigen Streit mit der
Ritterschaft charakterisiert sind, nahmen zuweilen einen
recht stürmischen Verlauf6.
4. t. a. I 590.
5. t. a. I 408.
6. t. a. I 464. Die Ritter haben sich der Antwort mit den
anderen Ständen nit wollen einlassen; das habe die anderen Stände
übel verdrossen, dermaßen, daß sie auch zu Cochme (1557) mit
— 59 -
Sie lagen schon zu dieser Zeit vorzugsweise in
den Händen eines Ausschusses, wenigstens bei Geist-
lichkeit und Landschaft7. Erwähnt wird er zuerst
in einem Protokoll über den Landtag von 1547 wie eine
landläufige Einrichtung. Man nahm dazu bei Städten und
Pflegen im allgemeinen 12 Deputierte, je 6 vom oberen und
niederen Stift, 1551 zu Zell 24 (ausnahmsweise) wozu Kob-
lenz und Trier je drei, Boppard und Wesel je zwei Mitglieder
stellten8. Selbständig ist der Ausschuß zu dieser Zeit noch
nicht, er tritt immer nur bei einer Versammlung aller Ge-
sandten zusammen und wurde jedesmal neu gewählt. Die
übrigen Abgeordneten pflegten dann zur Vermeidung der
Kosten vor Ende des Tages hinwegzuziehen und dem Aus-
schuß die Verhandlungen zu überlassen9. Ein Zeichen einer
beginnenden selbständigeren Stellung des Ausschusses ist
zuerst 1564 bemerkbar. Der Landtag zu Cochem (25 juli)
hatte sich mit Beschwerden der Stände wegen ungleicher
Steuerveranlagung beschäftigt. Es wurde nun beschlossen,
daß die Stände innerhalb zweier Monate ihre Beschwerden
in die Triersche Kanzlei schriftlich einreichen sollten. Der
Erzbischof sollte darauf einen Ausschuß berufen, der auf
diesem Landtage gewählt wurde, nämlich vier geistliche und
und zehn städitsche Deputierte10. Es ist das erste Mal, daß
ein Ausschuß zusammentritt, ohne daß ein allge-
meiner Landtag damit verbunden wäre. Eine be-
sondere Bedeutung erlangten die Ausschußsitzungen erst
gegen Ende des Jahrhunderts im Zusammenhang mit der
Worten aneinander erwachsen, daß die vom Adel durch Antony
Hausmann, Ritter de injuriis zu protestieren unterstanden.
7. t. 1. VII. Zell 23. mai 51. Ausschuß von Städten und
Landschaft sendet eine Abordnung an den Adel, um mit ihm zu
beraten.
8. t. 1. VII.
9. t. a. I 278, 319.
10. Abschied abschriftlich t. a. I 812.
— 60
Entwicklung einer landständischen Kasse, namentlich die
sogenannten Rechnungstage wurden stets vom Ausschuß
abgehalten.
Beschlossen wurde der Landtag durch den Abschied.
Eine offizielle Redaktion desselben mit Datumzeile und „bei-
getruktem Kanzleisekret" ist nachweisbar solange ausführ-
lichere Nachrichten vorhanden sind, also seit 1542. Die in
der Kanzlei verfaßten und ingrossierten Abschiede wurden
den Ständen besiegelt übergeben. Von den Städten bekamen
Koblenz und Trier je ein Exemplar, die übrigen ließen
sich davon Abschriften herstellen11.
Seit dem Jahre 1576 wird es außerdem üblich, daß
für Geistlichkeit und Städte mehrere Vertreter den Abschied
unterzeichnen11.
Erfolglose Landtage sind in Trier so wenig wie anders-
wo eine Seltenheit, 1556 mußten Städte und Landschaft drei-
mal zusammentreten, ehe sich der Erzbischof mit ihnen
einigen konnte.
Innerhalb ihres eigenen Standes schlössen sich die
Kurien nicht ängstlich gegen jeden Unberufenen ab. Bei
der Ritterschaft ist die Teilnahme von bloßen Lehenleuten
so häufig »erwähnt, daß wir an der Tatsache nicht gut zweifeln
können (womit nicht gesagt sein soll, daß diese auch offiziell
berufen waren). Ferner bezeugt ein Geistlicher, er sei auf
zwei Landtagen gewesen „dan ob er wohl nit darzu depu-
tiert gewest, so hab er doch darzu getreten umb zu sehen
und zu hören, wie andere mehr." Aehnlich äußert sich
ein Schöffe zu Mülheim (Ehrenbreitstein) : er sei 1566 wegen
des Kirchspiels Arenberg? zu Trier gewesen als ein un-
schuldiger Deputierter, wo die Städte samt dem Landmann
erschienen12. Andererseits bestrafen Städte und Geistlich-
keit das Ausbleiben der ordentlichen Gesandten, wenn wir
dem einzigen Zeugnis dafür Glauben schenken dürfen13.
11. cf. t. a. I 830, Abschied zu Koblenz.
12. t. a. I 607.
13. t. a. I 274. Eucharins Rosoris, Dekan von St. Paulin, der
— 61
Die Kosten, die eine Reise zum Landtag mit sich brachte,
mußten Geistlichkeit und Landschaft aus ihrem eigenen
„säcklin" bestreiten, der Adel pflegte samt seinen Dienern
bei Hofe zu essen, auch erhielt er von dort Futter für seine
Pferde14. Wenn es einen guten Abschied gegeben hatte,
wurden auch wohl Geistlichkeit und Landschaft einmal zu
Tisch geladen.
Zeit und Zahl der Landtage richten sich ganz nach dem
Bedürfnis. Einmal ist erst in zehn Jahren wieder ein Land-
tag berufen worden (66 — 76) dann wieder mehrere in einem
Jahr, ohne die Neuberufungen, die durch das „Hintersich-
bringen" der Gesandten nötig wurden.
Als Ort wählt man mit Vorliebe eine von allen Seiten
bequem zu erreichende Stadt, Cochem und Zell in den
meisten Fällen, einmal auch Wittlich und Mayen, außerdem
sind nur noch die beiden Hauptstädte, Koblenz und Trier
berücksichtigt.
Was die Dauer angeht, so zeigen die Landtage eine zu
nehmende Neigung, sich in die Länge zu ziehen. Anfangs
in 2 — 3 Tagen erledigt, dauern sie in den 60er Jahren schon
6, der Landtag von 1576 bereits 11 Tage. Die Versammlung
der Stände erfolgt allemal nur auf landesherrliche Berufung
hin. Ob die Stände jemals von dem in der Einung und dem
Privileg von 1501 festgelegtem Recht regelmäßiger, selbst-
seit 1550 Landtage besucht hat, sagt aus: „Die Geistlichen und
Landschaft haben unter sich die Namen der Beschriebenen ver-
lesen und die Ausbleibenden kontumaziert. Vom Adel wiß er
nitu. R. ist in allen übrigen Aussagen gut und zutreffend orientiert.
14. Ueber eine Beschränkung der Unterhaltspflicht auf den zu
Hof geladenen Adel durch die bairischen Stände Ende des XIII.
Jahrhunderts cf. Unger, Gesch. der deutschen Landstände, Hannover
1844 p. 206, über Köln: Walter, Das alte Erzstift und die Reichs-
stadt Köln t866 p. 64. Die Bewirtung des Adels verursachte immer
einen erheblichen Kostenaufwand; cf. Wolf p. 17.
— 62
ständiger Versammlungen Gebrauch gemacht haben, läßt
sich nicht mehr feststellen. Dies scheint allerdings 1515 vor-
zuliegen. Eine Notiz aus diesem Jahre berichtet, der Erz-
bischof habe, wiewohl es höchst nötig gewesen wäre, einen
Landtag zu berufen, zur Vermeidung der Unkosten dies
unterlassen „diwil aber die Stenden in andern Sachen alhie
versamblet weren, wülte s. gn. in nit verhalten siner gn.
anligens.
2. Die Landtagsverhandlungen.
Die Verhandlungen des Trierischen Landtags im 16.
Jahrhundert sind durchweg äußerst dürr und unfruchtbar.
Ihr eigentlicher Gegenstand bleiben nur die Steuerbewilli-
gungen und das trostlose Gezänk mit der Ritterschaft. Von
den weltbewegenden Ereignissen jener Tage findet sich in
ihnen kaum eine Spur. Wenn nicht der Kurfürst gelegentlich
einen Reichstagsbeschluß mitteilen ließe, der das Laster der
Ketzerei verbietet oder seine Reise zu dem neu ausge-
schriebenen Tridentiner Konzil verkündete und Statthalter
und Räte für die Zeit seiner Abwesenheit einsetzte, würde
man aus den Landtagsakten kaum ahnen können, das damals
das Zeitalter der Reformation war, während z. B. die Kölner
Stände eifrig an den reformatorischen Bestrebungen ihres
Erzbischofs Hermann v. Wied teilnehmen. Die religiösen
Bewegungen in den Städten, namentlich in Trier unter
Olevian, die sie allemal mit dem Streben nach Reichsun-
mittelbarkeit vereinten, finden sich in den Verhandlungen
nur in der bezeichnenden Form angedeutet, daß die Stände
sich gelegentlich beklagen : daß etliche Glieder und Unter-
tanen des Erzstiftes sich von den Ständen vermeintlich ab-
sondern und mit ihnen nit steuern noch kontribuiereri wollen.
Die glückliche und erfolgreiche Initiative, die wir in
den beiden Landeinungen und dein Privileg von 1501 be-
obachten konnten, vermissen wir jetzt vollständig. Es ist,
als ob in dem Streit mit der Ritterschaft sich alle Kraft
der Stände verzehrte; sie zeigen keine Neigung mehr, sich
um Gesetzgebung und Verwaltung des Territoriums zu be-
kümmern. Wo einmal Verhandlungen über ein Landes-
gesetz auftauchen, geht die Anregung vom Landesherren
aus und die Stände begnügen sich damit, ihm alles weitere
vertrauensvoll zu überlassen.
So hatte der Eb. 1564 einen eigenen Tag angesetzt
(13. August), damit sie „ihre guet und ratsame bedenken
über die begriffene lands und -Polizeiordnung" äußerten.
Sie wußten nichts besseres zu tun, als die Frage auf den
nächsten Landtag zu verschieben, um sie dort nach Ge-
legenheit iirer churf. Gn. zu beantworten. Der nächste
Landtag (1566) kommt gar nicht mehr darauf zurück, das
Ausschreiben zum Landtag von 1576 bringt dann neben
neuen Steuerforderungen auch die Potyzeiordnung wieder
an den Tag, die erhaltenen Landtagsakten schweigen sich
aber über diesen letzten Punkt völlig aus.
1551 nimmt der Kurfürst die Gelegenheit des Landtages
wahr, um darauf die kaiserliche Münz- und Polizeiordnung
mitzuteilen15. Tätigen Anteil, eigene Anregung suchen wir
bei den Ständen vergebens, sie begnügen sich damit, dem
Kurfürsten ihre Beschwerden vorzubringen, der dann nicht
versäumt ihnen in huldvollen Worten Berücksichtigung der-
selben zu versprechen.
Einmal (1576) taucht eine Beschwerde des Landtages
auf über die Verpfändung von zahlreichen Aemtern
und Schlössern. Stadt und Amt Limburg, Molsberg,
Camberg und Roßbach, Amt Bliescastel, Kempenich, Lö-
wenberg, Kaisersesch, Schmidtberg, Nieder-Lahnstein, Well-
mich „und anderorts mehr" werden genannt. Dadurch
15. cf. Neue u. vollständige Sammlung der Reichsabschiede
1747 II p. 616, 629.
— 64 -
geschehe gemeiner Landschaft keine geringe Schmäi'erun^.
Auch würden jene in Religionssachen zum Teil verwiesen,
auch sonst von den Pfandherren hart und unmild gehalten,
so daß gemeine Landstände mit ihnen ein billiges Mit-
leiden trügen16.
Mehrfach beschweren sich diese auch über die gar-
tenden Knechte, jene leidliche Plage kriegserfüllter Zeiten,
in denen Söldnerheere verwandt werden. Der Kf. ver-
spricht, unverzüglich entsprechende Verordnungen an seine
Amtleute zu erlassen, um diesem Unrat nach Möglichkeit
zu steuern17.
Auch in rein wirtschaftlichen Fragen läßt sich nur ein-
mal eine besondere Tätigkeit der Stände nachweisen, bei
einer am 30. April 1551 erlassenen Verordnung über den
Verkauf der Wolle und die Einführung von gemeinsamen
Maß und Gewicht dabei18. Die Verordnung ist ganz in dem
Geist gehalten, in dem auch sonst in diesem und dem
folgenden Jahrhunndert wirtschaftliche Fragen von den
Ständen behandelt werden. Der Fortschritt von der Stadt
zur Territorialwirtschaft, der Zusammenschluß des Terri-
toriums zu einem einzigen Wirtschaftsgebiet, der strenge
Abschluß gegen Nachbarterritorien zur Wahrung der eigenen
Interessen kommen in ihr zum Ausdruck. Die staatliche
Erschwerung der Wollausfuhr führt Schmoller als das am
allgemeinsten zu beobachtende Symptom jener wirtschafts-
politischen Wandlung an19.
Um das wollene Gewland, das durch die Wollausfuhr
übermäßig teuer geworden sei, wieder zu seinem vorigen
16. t. a. I 830, Abschied vom 16. febr. 76.
17. cf. Die Verordnung vom 10. mai 1587, Scotti I nr. 137.
18. Scotti I nr. 85.
19. Schmoller, Umrisse und Untersuchungen zur Verfassungs-,
Verwaltungs- und Wirtschaftsgeschichte 1898 I, das Merkantil-
system etc. p. 23, Ueber territoriale Teuerungspolitik v. Belovv, die
städtische Verwaltung im Mittelalter etc. Hist. Zeitschrift 75.
— 65
Kauf zu bringen, ging der Kurfürst daran, eine Wollordnung
für das ganze Land zu erlassen. Am 8. August 1550 traten
zum zweiten Mal auf Ausschreiben des Statthalters Heinr.
v. Isenburg die Gesandten der Landschaft sowie die Zunft-
vorsteher und Meister der Wollenweberzünfte zusammen,
über einen billigen Kauf der Wolle, gleiche Elle und Ge-
wicht, 'mit anderen zubehörigen Umständen zu beraten20.
Es handelte sich um das schwierige Problem, den frem-
den Wollkäufer nach Möglichkeit vom heimischen Woll-
markte auszuschließen und doch auch dem Schafzüchter
einen angemessenen Preis für seine Erzeugnisse zu sichern.
Erschwert wurde diese Frage noch dadurch, daß der arme
gemeine Mannn auf dem Lande nicht auskam, ohne von
Jahr zu Jahr von den Kaufleuten sich auf die Wolle vor-
strecken und borgen zu lassen, eine Erscheinung, die im
16. Jahrhundert allgemein zu beobachten ist21.
Die Ordnung löste ihre Aufgabe nicht ungeschickt,
namentlich wurde der Vorkauf, den man nun einmal als
ein unvermeidliches Uebel ansah, in einer Weise geregelt,
die seine schlimmsten Auswüchse in etwa beschneiden mußte.
Sie gebot, daß an jedem Orte, da die Wolle wüchse,
der Amtmann mit Rat seiner Amtsverwandten, die er dazu
schicklich erachte, alljährlich einen billigen Normalpreis für
die Wolle festsetze, für welchen den Webern die Wolle
abgelassen werden müsse in der Zeit vom 1. Mai bis
20. cf. des Temporale Eb. Johanns v. Isenberg St. A. A. I i, 32
n. 232-234.
21. cf. v. Bezold, Gesch. d. deutsch. Reformation p. 452. — Ueber
die zunehmende Verschuldung des Bauernstandes in den Mosel-
gegenden seit Ausgang des Mittelalters, Lamprechts Wirtschafts-
leben I, I, 624. — Hanstein, Wirtschaftliche Lage und soziale Be-
wegung im Kf. Trier während des Jahres 1525. Dissertation T907. —
Gothein, Die Lage des Bauernstandes am Ende des Mittelalters,
vornehmlich in Süd Westdeutschland. Westdeutsche Ztsch. 4.
— 66 —
Johannistag (24. juni). Was dann noch übrig ist, mag
verkauft werden wohin e|s will.
Weil nun aber der arme Mann auf dem Land ohne
Borg und Verkauf nicht auskommen könne, sollten die Weber
die Orte im Land, wo die Wolle wächlst, unter sich aus-
teilen. Nach' dem Entwurf sollten die Städte Coblenz, Bop-
pard, Montabaur die Wolle in den zugehörigen Pflegen,
ferner in dem Lande zwischen Maien, der Nette und Mosel
und im Galgenscheider Gericht (bei Boppard) zu sich neh-
men, die Städte Trier und Wesel sowie dje übrigen Wollen-
weber den Rest. Die eigentliche Ordnung überläßt die
Austeilung den Webern. In diesen Bezirken nun haben die
Weber eigene Faktoren und Besteller zu ernennen, also
Makler, an die sich der darlehnsbedürftige Bauer zu wenden
hat22. Der Vorkauf an fremde, der bisher überwiegend
oder aliein üblich war, wird gänzlich verboten.
Weiter beschäftigt sich die Ordnung mit einer Rege-
lung der Maß- und Gewichtsverhältnisse. Für Stoffe soll
fortan im ganzen Stift nur noch die stadttrierische Elle, jedoch
ohne das übliche Vorschlagen des Daumens, benutzt werden.
Ebenso wird für die Wolle als einheitliches Gewicht
das stadttriersche Silberpfund eingeführt.
Geschworene Wieger werden in allen Städten des
Landes angestellt, bei denen die Wolle gewogen werden
muß. Wo die Dörfer allzuweit abliegen, sollen auch in
ihnen nach Gutdünken der Obrigkeit Gewichte an Schult-
heiß, Vogt oder Meier ausgeteilt und die Wolle daselbst
gegen gebührliche Belohnung gewogen worden.
Von dieser einen Wollordnung abgesehen kehrt in den
Landtagsverhandlungen nur noch die Judenfrage, diese aller-
22. Nach dem Brief vom 16. aug. 1550, im Temporale Eb.
Johannes nr. 233 scheinen Weberzünfte nur in Trier, Koblenz,
Boppard, Oberwesel, Montabaur u. Limburg bestanden zu haben.
— 67 —
dings mit zäher Hartnäckigkeit durch Jahrhunderte hin-
durch immer wieder.
Seit den großen Verfolgungen im 16. Jahrhundert
und ihrer völligen Austreibung im Jahre 1419 haben die
Juden keine wirtschaftliche Bedeutung mehr im Erzstift er-
langt23. Geblieben war seit jener Zeit der tiefeingewurzelte
Judenhaß. Es gelang auf die Dauer nicht, sie fern zu
halten, der Judenzins, den sie dem Landesherren zahlten,
lockte diesen stets von neuem, sie trotz der lebhaften
Opposition der Bevölkerung in Schutz zu nehmen. So setzte
Richard Greifenclaw gegen die Beschwerde von Rat und
Bürgermeister, die er dann durch einen Anteil am Juden-
zins zu beschwichtigen wußte, fünf Judenfamilien (Haus-
gesesse) in Koblenz an und gab ihnen eine Ordnung24.
Besondere Privilegien, namentlich Zollfreiheit zu Koblenz,
trugen natürlich nicht dazu bei, diese Maßnahme populär
zu machen. Die allgemeine Volksstimmung und das Geld-
interesse des Landesherren standen sich in diesem Punkte
von jeher schroff gegenüber.
Die Stände beklagen sich 1556, die Menge der Juden
habe s. ch. gn. Untertanen Schaden und Verderben ge-
bracht, und dieser verspricht, sie nach einer gewissen Zeit,
die ihnen zur Eintreibung ihrer ausstehenden Schulden dienen
soll, aus dem Erzstift zu treiben25. Es ist aber nicht dazu
gekommen und 1564 verpflichtet er sich ,,auf fleißige und
23. Ueber die Juden im Mittelalter, Lamprechts Wirtschafts-
leben I 2 p. 1449—58. Daselbst zahlreiche Nachweise. — Ueber
den allgemeinen Judenhaß in den rheinischen Gebieten zur Zeit
des Bauernkrieges v. Bezold, Reformationsgesch. p. 489.
24. Scotti I nr, 52.
25. cf. Den Abschied im t. a. I 859fr. Noch 1555 hatte der
Eh. den Juden zugestanden, alle privatrechtlichen Streitigkeiten
untereinander vor dem Rabbiner auszutragen, in demselben Jahre
hat er aber auch von allen eine besondere Schätzung erhoben.
Scotti 1 nr. qi, 92.
68 -
undertenige bitt der Stenden" von neuem, die Juden im
Stift nach Ablauf von zwei Jahren auf 6—8 Häuser zu
ringern und ihnen gewisse Maß und Ordnung zu geben26.
1566 beschäftigt die Sache wieder den Landtag. Der Eb„
gesteht seinen Unntertanen zu, daß sie ein Jahr lang keinem
Juden Wucher, will wohl sagen Zinsen, zu geben schuldig
seien. Ueber zwei Jahre will er dann ihre Wohnungen
bis auf vier oder fünf Häuser aufkündigen27. Die nächsten
Abschiede vermelden nun nichts mehr hierzu, doch wird
die Räumung innerhalb vierer Monate erst durch Erlaß
vom 2. August 1580 befohlen28. Am 10. Juni 1583 wird
die Aufkündigungsfrist, welche auf Antrag der Landstände
auf bevorstehendem Johannistag erfolgt sei, bis zum Ge-
orgstag 1584 verlängert. 1589 wird auf die landständische
Beschwerde hin, daß sich trotz der früheren landesherr-
lichen Befehle hin Juden an mehreren Orten niedergelassen
hätten, ihnen nochmals eine dreimonatliche Frist gesetzt
und 1592 werden etliche Juden, die trotz der Proskription
sitzen geblieben sind, außer Gesetzes erklärt und mit Hab
und Gut der Plünderung anheimgegeben29. Das zähe
Geschlecht hat sich dadurch nicht ausrotten lassen, 1618
erläßt Eb. Lothar wieder, um den fortwährenden Beschwer-
den und Klagen der Landstände zu begegnen, eine neue
Judenordnung30.
26. Abschied t, a. I 812.
27. t. a. I 246.
28. Scotti I nr. 124.
29. Scotti I nr. 128, 143.
30. Das. nr. 180.
IV. Die ständischen Steuern.
Außerordentliche Beiträge der weltlichen Untertanen
des Erzbischofs sind schon in der zweiten Hälfte des XIII.
Jahrhunderts chronistisch bezeugt1. Doch bleiben jene
Nachrichten durchaus vereinzelt2. Wir haben verfolgen
können, wie neben den alten Subsidien der Geistlichkeit
am Ende des XV. Jahrhunderts auch eine Besteuerung
der weltlichen Stände einsetzt, für die vom Jahre 1542
ab die Landtagsabschiede eine ziemlich gleichmäßig fließende
Quelle liefern.
Die landständischen Steuern waren außerordentliche
und bedurften als solche stets der Bewilligung der Stände.
Ein hülflich und stattlich schank werden sie genannt. Der
Landesherr erkannnte an sich die Verpflichtung an, mit
seinen ordentlichen Einnahmen, der Beede, den Zöllen, den
Einkünften aus dem Kammergut, usw. seine und des Landes
Bedürfnisse zu befriedigen, er betont gelegentlich in der
Proposition, daß sein Kammergut so erschöpft sei, daß
er es nicht weiter belasten könne3. Einen wesentlichen
Fortschritt gegen den mittelalterlichen Schatz bedeutet es,
1. cf. M. G. SS. XXIV, 40Q. ecclesie quoque et civitates...
voluntarium subsidium sibi impenderunt unter Eb. Arnold 1245 — 59.
— Ueber seinen Nachfolger Heinrich (1260 — 86): quasdam exactiones
fecit fieri per omnes villas sibi subjugatas, Wittenbach II p. 107.
2. cf. Weiß, Die ordentlichen direkten Staatssteuern von
Kurtrier im Mittelalter. Dissertation Münster 1893 p. 30.
3. cf. Die Proposition zum Landtag am 29. nov. 1548.
Honth. II, 735, ldst. Vrf., III. Kap. II p. joft.
— 70 r-
daß nicht mehr das private Interesse des Landesherren
allein maßgebend ist bei der Verwendung der erhobenen
Steuer, sondern daß beide Teile diese nur fordern und
bewilligen zu Nutz und Wohl des Landes, auch schon mit
modernerem Ausdruck des „Vaterlandes"4.
Die Hauptlast im XVI. Jahrhundert bildeten indes nicht
die Land-, sondern die Reichssteuern.
1. Matrikularumlage und gemeiner Pfennig5.
Seit man während der Hussitenkriege dem Gedanken
einer Reichssteuer näher getreten war, schwankte man
zwischen zwei Formen, einer direkten Reichssteuer, dem
gemeinen Pfennnig und der auf die reichsunmittelbaren Ge-
walten verteilten Matrikularumlage6.
Erst infolge der Reichsreformbestrebungen am Ende
des XVI. Jahrhunderts ging man auch daran, mit dem ge-
meinen Pfennig Ernst zu machen, der wormser Reichstag
von 1495 schrieb auf alle Untertanen des Reichs, unmittel-
bar oder nicht, eine Steuer aus, die wie eine Kopfsteuer
;wirkte, mit geringen Ansätzen zu einer Kapital- und Renten-
steuer7. Der Erfolg erwies sich als äußerst gering. Bereits
auf dem Reichstag zu Coblenz 1492 klagte der reform-
freundliche Erzbischof von Mainz: hat man einen Anschlag
gemacht, so tut der eine hülf, der andere gar nicht und
4. cf. das. III p. 80.
5. cf. Grünhuts Zeitschrift für das Privat- und öffentliche Recht
der Gegenwart 1875 Bd. II p. 166, Schulz, Das Finanzrecht der
Reichs- u. Landtage.
6. Der erste gemeine Pfennig wird zugleich mit einer Matrikel,
auf dem Nürnberger Reichstag von 1422 zur Verhandlung gebracht,
man hielt aber an den Kontingenten fest. 1427 bewilligte man in
Frankfurt auch einen gemeinen Pf.
7. Neue Sammlung II p. 15 fr. Schroeder R. G.4 838.
wird ihnen nachgesehen, von dritten nimmt man das halbe
Geld, so kommt einer heut, der andre morgen, oder über
ein halb Jahr8. Mit dem gemeinen Pfennig ging es noch
viel schlimmer. 1497 wird die Erlegung, die ursprünglich
vier Jahre lang hintereinander stattfinden sollte, nochmals
beschlossen, weil mittlerweile nichts eingekommen ist9,
1498 ist das „merer teil" immer noch nicht erlegt. 1500
kommt es zu einem neuen, ebenso interessanten wie erfolg-
losen Steuerentwurf auf sechs Jahre, 1505 mochte der Reichs-
tag endlich die Undurchführbarkeit seiner Pläne einsehen,
er erläßt den Ständen den gemeinen Pfennig und den
Anschlag von 150010.
1512 kam man auf den gemeinen Pfennig von 1495
wieder zurück, der aber jetzt in ungleich stärkerem Maße
den Charakter einer Vermögenssteuer trägt. 1495 sollte
jeder Mensch über 15 Jahre, der unter 50 gd. Vermögen
hat 1/24 gd. steuern, 500—1000 gd. waren auf 1/2 gd.,
1000 gd. Vermögen auf 1 gd. veranlagt, wer mehr hatte,
sollte soviel geben, als seine „Andacht" sei.
Renten wurden zu 5 pCt. kapitalisiert.
1512 war hingegen eine fortschreitende Quote von 50
bis 20 000 gd. Vermögen angesetzt, der eine Steuer von
1 Kreutzer bis 3 Gulden entsprach, jedoch sollte das Kam-
mergut der Stände und der Adel diesmal steuerfrei sein11.
1518 wurde wieder ein reines Kopfgeld ausge-
schrieben12.
Endlich lebte der gemeine Pfennig nochmals in den
Jahren 1542 und 1544 auf, als eine reine Vermögenssteuer.
Er sollte gleichmäßig von allen Einnahmen des Reiches, auch
8. Lager, Johann II p. 78.
9. Neue Sammlung (N. S.) p. 30.
10. N. S. Ii p. 42, 60, 67, 103.
11. N. S. II 138.
12. N. S. II 170.
72 —
den Unmittelbaren, dem Adel, den Domkapiteln erlegt
werden und zwar als der zehnte Pfennig vom Gesamtein-
kommen. Sämtliche bewegliche und unbewegliche Habe
mit Ausnahme von Hausrat, Harnisch, Munition usw., auch
Renten und sonstige Einkünfte sollten dabei kapitalisiert
und eine fünfprozentige Rente dieses Kapitals als ver-
steuerbares Einkommen gerechnet werden. Jeder hatte sich
selbst einzuschätzen und das Geld in die geordnete Kiste
zu werfen. Die Pfarrer sollten von den Kanzeln zur Ehr-
lichkeit mahnen. Juristische Personen, wie Städte und
Zünfte, wurden gleichfalls in die Steuer einbezogen. Die
doppelte Veranschlagung der Juden, die zu dem noch ein
Kopfgeld von einem Gulden zahlen mußten, kann in dieser
Zeit nicht weiter überraschen13.
Der Reichstag von 1544 beschloß, zum zweiten Mal
einen gemeinnen Pfennig wie 42 als Offensivhilfe und außer-
dem eine Defensivhilfe als Matrikularumlage zu erheben14.
Der gemeine Pfennig soll an den Orten und Enden, da er
eingebracht ist, von den Ständen zu einem zukünftigen Vor-
rat beieinander gehalten werden15 (Reichstagsbeschluß von
1545). 1548 zu Augsburg, auf dem Höhepunkte seiner
Macht, forderte der Kaiser auch den gemeinen Pfennig von
1544 ein, wo er nicht eingezogen oder andershin verwendet
sei, solle er von neuem erhoben werden16. Fortan ver-
schwindet er vollständig von der Bildfläche.
Der gemeine Pfennig sollte als eine direkte Reichssteuer
jedes einzelne Glied des Reichs treffen, der Fürst und
Prälat mußte seine Güter so gut anschlagen wie der Bürger
und Bauer. Es war namentlich von Bedeutung, daß so
auch der niedere Adel zur Steuer herangezogen wurde,
13. N. S. II 453ff-
14. N. S. II 500fr.
15. N. S. II 520.
16. N. S. II 544.
der, in jedem Territorium ohne entsprechende Gegen-
leistungen bevorrechtet, in manchen gar nichts beitrug zu
den staatlichen Lasten, teilweise auch, wie im Elsaß, gar
keine andere staatliche Hoheit über sich kannte als eben
das Reich. In der Tat hat auch der gemeine Pfennig von
1542 und 1544 die unmittelbare Folge gehabt, daß in Schwa-
ben, in Franken und am Rhein sich eine Reichsritterschaft
konstituierte, die, zwar unter noch jämmerlicheren Um-
ständen als die Reichsfürsten, doch auch späterhin dauernd
dem Kaiser steuerte. Darüber unten mehr.
Aber der gemeine Pfening an sich, dessen Durchführung
von unabsehbaren Folgen für die Entwicklung des Reichs
hätte werden können, scheiterte nicht minder wie die Pläne
einer Reichszollgrenze oder einer allgemeinen Aushebung
an dem deutschen Partikularismus und dem Mangel jeg-
licher Exekutive. Die Regierungsgewalt lag schon längst
nicht mehr in denn Händen des Kaisers, sondern der Ter-
ritorialherren, und da die Türkennot nun Reichssteuern ein-
mal unabwendbar machte, stützten sich diese — seit 1551
endgültig — in der Form der Matrikularumlage auf die
Subkollektur der vielen staatlichen Gebilde des Reichs. Sie
basierte seit 1521 auf der wormser Matrikel, die für den
geplanten Romzug Karls V. aufgestellt war. In den meisten
Fällen wurde aber nicht direkte Gestellung von Mannschaften,
sondern eine entsprechende Geldsumme bewilligt, indem
ein jeder Fußknecht auf 4, jeder Reiter auf 10, später 12
gd. veranschlagt wurde. Ein ganzer Römerzug betrug sechs
Monate. Chur-Trier war auf 60 zu Roß und 277 zu Fuß
veranschlagt. 1545 wurde es um 20 zu Roß und 73 zu
Fuß, 1582 durch kaiserliches Dekret wegen der Loslösung
der Ritterschaft vom Territorium nochmals um V3 auf
262/3 zu Roß und 1222/a zu Fuß moderiert, bis der Prozeß
entschieden sei17.
17. cf. R. R. VIII 5, Moser, Staatsrecht, p. 62 § 10.
— 74 —
Für die Matrikularbeiträge war der Landesherr allein
haftbar und an sich verpflichtet, sie aus seinen Einkünften
zu leisten. Noch 1530 heißt es im Reichstagsabschiede:
und dieweil diese eilende hülf gegen den Türken etwas
dapfer und groß, und ein gemein christlich gut werk est,
welches männiglichem zu schütz und trost kommt, soll und
mag ein jeder churfürst, fürst und stand seine Untertanen
um hülf und Steuer ersuchen18. 1543 geht der Reichstag
schon weiter: weil es den Ständen unmöglich und be-
schwerlich sein möchte, solche hülfe rein ihren eigenen
Kammergütern zu leisten, soll eine jede Oberkeit alle ihre
Untertanen, die sie herkömmlich besteuert, mit einem ge-
meinen Pfennig oder durch eine sonstige Steuer nach Be-
lieben belegen, gleichfalls sollen die Domkapitel und ihre
Untertanen, ungeachtet aller Privilegien und Verträge,
ihrem Bischof Beihilfe leisten, doch auch die Oberkeiten
sich selbst, gleichermaßen wie die Untertanen, angreifen15'.
Durchgreifend in dieser Richtung ging der Reichstag von
1548 weiter vor. Zu dem in Augsburg in diesem Jahre
bewilligten Romzug (Matrikularumlage) sollte jede Obrig-
keit Macht habe, ihre Untertanen, geistliche und weltliche,
sie seien exempt oder nicht exempt, gefreiet oder nicht
gefreiet, mit der Reichssteuer zu belegen20. Man suchte
also damit das Hauptprinzip des gemeinen Pfennigs, daß
er eben eine Steuer war, die jeden Reichsangehörigen traf,
in der Weise zu retten, daß man nur die direkte Besteue-
rung dabei fallen ließ und an ihre Stelle eine Subkollektur
der Landesherren setzte. Es war nur die Frage, wieweit
die privilegierten Klassen in den Territorien bereit waren,
diesem Kompromiß ihre ständischen Vorrechte zu opfern
und da zeigte es sich, daß diese überall an dem Rechte
18. Neue Sammlung II 324 § 118.
19. Daselbst p. 486m § ig, 24.
20. Neue Sammlung II 544 § 95.
— 75 —
festhielten, auch die Reichssteuern nicht ohne eigene Be-
willigung zu übernehmen.
Wie der gemeine Pfennig die Bildung der drei Ritter-
kreise einleitete, so wurde er auch in Kur -Trier der Aus-
gangspunkt für die Loslösung der Ritterschaft von der land-
ständischen Verfassung und von dem Territorium über-
haupt. Die lebhafte Wechselwirkung zwischen Reichs- und
Territorialgeschichte machte es notwendig, auch die Ent-
wicklung der Reichssteuern etwas eingehender zu erörtern.
2. Die Trierischen Landstände und der ge-
meine Pfennig.
Auch wenn alle 1495 in Worms versammelten Reichs-
stände die Absicht gehabt hätten, den gemeinen Pfennig
ernstlich durchzuführen, war es doch sehr fraglich, ob es
ihnen gelungen wäre, den Widerstand ihrer Landstände
zu brechen21. Ganz abgesehen von allen berechtigten Be-
denken, welche diese gegen den gemeinen Pfennig hegen
mußten, lag den Territorien mit ihrer Kirchturmspolitik auch
jeder Gedanke an die Stärkung der Reichsgewalt fern, im
Gegenteil, die trierschen Stände spielten diese Befürchtung
geschickt gegen ihren Kurfürsten aus, als er mit jenem
Reichstagsbeschluß an sie herantrat. Sie stellten ihre Ein-
wendungen in einer, durch ihr Alter für unser Territorium
bemerkenswerten undatierten Denkschrift zusammen, be-
titelt „etliche bedenken der trierschen städe (-Stände) wa-
rum b die gefordert Schätzung nit zu willigen noch zu
legen"22.
21. Daß bereits 1427 die Geistlichen wider die Hussiten ge-
steuert haben, ist im Buch der Anschläge bezeugt, wahrscheinlich
ist also der damals zum ersten Mal in Frankfurt bewilligte gem. Pf.
wirklich erhoben worden.
22. St. A. t. 1. acta miscellanea.
— 76 —
Wenn die königliche Majestät nach der Lombardei ge-
zogen sei, so führt die Denkschrift aus, ginge das die deutsche
Nation nichts an, die Lombarden hätten auch kein Geld
noch Leute geschickt, wenn die deutsche Nation Not ge-
habt hätte, wohl hätten die Leute wider sie geschickt. Das
Erzstift hätte schon genug Beschwernis gehabt mit königl.
und kaiserl. Majestät Reisen und Zügen, der es noch nicht
entledigt sei. (Wohl mit Bezug auf die Neußer Fehde
und die Zusammenkunft mit Karl dem Kühnen in Trier.)
Wenn der gemeine Pfennig jetzt der kaiserlichen und könig-
lichen Majestät zugelassen werde, wolle sie ihn hernach-
mals auch haben, und wenn das geschehe, hätte ein Erz-
bischof nicht mehr zu leben, die Untertanen würden als-
dann der kaiserl. und königl. Majestät Untertan und gäben
dem Erzbischof keine ordentlichen Gefälle, Renten und Zinsen
mehr.
Wenn die Stände weiter ausführen sie hätten keine
Gewißheit, daß der gemeine Pfennig an allen Enden deut-
scher Nation wirklich gehoben würde, ferner, etliche möchten
ihn nur zu eigenem Nutzen einnehmen, so sollte ihnen die
Folge, namentlich auch die Ereignisse im Jahre 1548 darin
nur zu recht geben.
Die unvermeidliche „alte löbliche Freiheit" des Stifts
wird natürlich auch gegen die neue Reichssteuer ins Ge-
fecht geführt. Die Denkschrift schließt mit einem Bekennt-
nis für die Matrikel: so vom heiigen riche ein gemeiner
zoecke wider die ungleubigen wurde vorgenommen oder
zv entheltnis der duitscher nation, und uwer gnaden wurde
ufgesatzt als aime loblichen Kurfürsten zo reißen mit anderen,
si uwer gn. staede gutwillig, uwern gnaden zo dienen mit
libe und gude in maessen wie die vuraltern uwer gnaden
vurfaren vormails in glichen ye und ye getain hain." Dabei
ist es denn geblieben. Auch in dem Privileg von 1501 ver-
pflichten die Stände den Kurfürsten ausdrücklich, er solle
beim Kaiser vorstellig werden, daß er die jetzt im Stift
77 -
aufgerichtete Schätzung abstelle. Der gemeine Pfennig von
1512 ist nach dem Buch der Anschläge in Trier erhoben
worden. Er verdient insofern seinen Namen nicht ganz,
als Fürsten und Herren davon befreit waren, der Adel
sollte nur seine Untertanen besteuern. Die Anlage von
1518 hat wegen dem Tode des Kaisers keinen Fortgang
genommen" (B. d. A.).
1542 ist dann der gemeine Pfennig wirklich in der
Weise durchgeführt worden, wie man ihn sich dachte.
Grafen, Herren und Ritterschaft zeigten sich anscheinend
ohne Widerstreben dazu bereit, obwohl sie „bis anhno
soliches und dergleichen Anlage freigestanden, dargegen sie
aber im fall der Notdurft mit dem Leib zu dienen allzeit
erbötig gewesen und noch seien". Auch das Domkapitel,
das sonst ebenfalls Steuerfreiheit beanspruchte, willigte dies-
mal ein. Der Kurfürst gab die Versicherung, „daß diese
Anlage so diesmal auf alle Stände des Reichs geschlagen,
den gefreiten Ständen keinen Eintrag bringen solle". Diese
ernennnen auch wie die anderen Stände neben dem Kur-
fürsten ihre Obereinnnehmer, die für ihr Geschäft ver-
eidigt und zu gunsten des Reichs ihrer Eide und Pflichten
gegen den Kurfürsten ledig gezählt werden23.
Es sollte der einzige gemeine Pfennig bleiben,
der auch insofern seinen Zweck erfüllte, daß er wirklich
abgeliefert wurde, wenn auch unter Schwierigkeiten. Die
Obereinnehmer fuhren mit ihrer Truhe von Koblenz aus
zu Schiff nach Mainz. Da aber die anderen drei rheini-
schen Kurfürsten ihre Gelder noch nicht abgeliefert hatten,
kehrten sie wieder nach Koblenz zurück. Erst als jene
gleichfalls bereit waren, fuhren sie zum zweiten Mal nach
Mainz, wo man nun alle vier Truhen zusammenschüttete-1.
23. Abschied zu Cochem 1542, t. 1. V. Ordnung des gem. Pf.
Scotti I nr. 87.
24. cf. t. a. 1 773.
- 78 —
Auch 1544 willigte die Ritterschaft in die, als gemeiner
Pfennig gedachte Offensionshilfe. Diese kam auch ein25,
aber dann beschloß der Reichstag von 1545, daß sie von
den Reichsständen an den Ecken und Enden, da sie ein-
gebracht sei, in Vorrat gehalten werden soll26. 1548 be-
schloß dann der Reichstag, wer denn letztbewilligten ge-
meinen Pfennnig noch nicht eingezogen oder ihn anders
wohin verwendet habe, solle ihn von neuem von seinen
Untertanen fordern27. 1551, als der Kaiser den Zug gegen
Magdeburg plante, wurde dieser Beschluß erneuert und
zwei Lieferungstermine, aug. 51 und 52 festgelegt28. Die
Fürsten gerieten dadurch in nicht geringe Verlegenheit. Der
Kurfürst von Trier hatte 1546, als der Graf von Beuren
den Rhein hinaufzog, den vier Obereinnehmern die Schlüssel
abverlangt und gegen eine schriftliche Rekognition (20. aug.
1546) die Truhe auf den Ehrenbreitstein in Verwahr genom-
men. Jetzt waren die Gelder auf einmal verschwunden29. Der
Kurfürst forderte dem Reichstagsbeschluß gemäß den ge-
meinen Pfennig nochmals ein. Die Antwort der Stände ließ
sich voraussehen : den gemeinen Pfennig hätten sie schon 44
erlegt, dieses Geld, so fügten sie harmlos hinzu, möchte nicht
länger in Vorrat gehalten, sondern ausgeliefert werden30
(23. mai 51, Zell). Auf einem neuen Landtag (10. juny 51)
geben die Stände soweit nach, daß sie zahlen wollen, wenn
alle, die den gemeinen Pfennig 1544 erlegt hätten, d. h.
auch die Ritterschaft, mitsteuern würde. Diese willigt schließ-
lich ein, dasselbe leisten zu wollen wie der Adel in Pfalz
und Mainz31, der aber damals sich schon zum rheinischen
25. Abschied von 1544. R. R. Kanton Mittelrhein i.
26. Neue Sammlung p. 5T9 § 12.
27. Das. p. 545 § 103.
28. Das. p. 613 § 20, 21, 102.
29. t. a. I 773.
30. t. 1. VII.
3T. Jörg v. d. Leven an Jörg v. Elz. R. R. II 8.
— 79 -
Ritterkreis zusammen geschlossen hatte. Anfang 52 teilte
ihnen denn auch der Erzbischof in einem gedruckten Missive
mit, er habe Nachrichten von Pfalz und Mainz erhalten,-
daß sie schon den ersten Termin von ihren Untertanen
eingebracht hätten, der Kaiser habe ihm schon zum zweiten
Mal geschrieben, sie sollten also nicht länger säumen ihre
Gebühr zu erlegen. Jeder Adlige bekommt in dem an
ihn gerichteten Ausschreiben einen besonderen Tag ange-
setzt, an dem er abliefern soll32.
Wirklich eingekommen ist der gemeine Pfennig nicht
mehr. Die Proposition zum Landtag zu Zell (30. Apr. 52)
verlangt nochmals eine Unterredung der Stände hierüber,
da das Geld ,aus etlichen Ursachen, den Ständen bewußt
noch nicht erlegt sei. Mittlerweile trat dann die bekannte
Wendung vor Magdeburg ein, und damit war das Schick-
sal des letzten gemeinen Pfennigs, der nicht allein den
Trierer Erzbischof in so peinliche Verlegenheit gebracht
hatte33, besiegelt.
3. Stände und Matrikularumlage.
Für die Matrikularbeiträge war der Landesherr allein
haftbar. Die Stände stellten sich zu ihnen trotz der Reichs-
gesetzgebung wie zu jeder gewöhnlichen Landsteuer. 1548
sagt der Kurfürst, er hätte die Reichssteuer gern aus eigenen
32. Ausschreiben an Dietrich Moor v. Walde. t. a. I 817
jan. 52. Dies war auch 42 geübt worden. Ebenso erhielten die
Städte, Juden Aemter, bestimmte Tage angesetzt, an denen sie den
Obereinnehmern ihre Gebühr liefern sollten. Eine Liste t. a. I 767fr.
33. Daß auch Mainz u. Pfalz den 44 erlegten gemeinen
Pfennig nicht mehr hatten, geht aus der obigen Nachricht hervor.
Böse Auseinandersetzungen hatte der Kurfürst von Köln mit seinen
Ständen. Hermann v. Wied hatte, allerdings in schwerster Geldnot,
eigenmächtig über die Gelder verfügt, sein Nachfolger mußte die
Vorwürfe der Stände über sich ergehen lassen, cf. Wolf p. 37 fr.
80 -
Mitteln erlegt, doch er könnne die Kosten aus seinem Kam-
mergut nicht erschwingen31 Noch 1576 versichert der
Pfalzgraf Ludwig seinen Untertanen, seine Schulden zwängen
ihn, sie zu den Reichssteuernn heranzuziehen, sonst würde
er sie aus dem Kammergut bezahlt haben35.
In der ersten Zeit scheint auch der triersche Kurfürst
seine Reichssteuern von seinem eigenen Qelde bestritten
zu haben, die Dürftigkeit der Quellen läßt freilich keinen
bündigen Schluß zu36.
Der erste Beitrag des Landes zur Matrikularumlage
läßt sich erst 1522 nachweisen. Die Landschaft (Städte
und Pflegen) bewilligte damals zum Romzug Karls V.
(Wormser Matrikel 1521) eine Steuer von 14 000 gd., eine
Summe, die den in Geld umgerechneten Römerzug gleich
10 248 gd. also noch ziemlich erheblich übersteigt. Der
Romzug, der in Leuten, nicht in Geld geleistet werden
sollte37, kam dann freilich nicht zustande, aber er wurde,
in Geld umgerechnet, stückweise als Türkenhilfe bewilligt
(1522, 24, 26, 29)38. Dann war er aufgebracht. Hiermit
mag es zusammenhängen, daß erst bei der Türkenhilfe
von 1532 (1530) der Er^bischof sich wieder an seine Stände
wendet: Der Reichstag hatte eine eilende Türkenhilfe, erst
1530, dieselbe nochmals 1532 bewilligt, in Leuten nicht in
34. Hontheim II 735.
35. Gothein, Die Landstände der Kurpfalz. Zeitschrift für die
Geschichte des Oberrheins, 1888.
36. 1492, 16. october. (Reichstag zu Koblenz). Maximilian
quittiert dem Eb. über 5600 gd, zu denen er 1489, ferner über
6500 gd, zu denen er 1491 veranschlagt worden war, über 2000 gd,
die der Reichstag eben gegen Karl VIII. bewilligt hatte. Im
Temporale Eb. Johanns nach Lager p. 79. — Hontheim II 583 ;
1508. Der Kaiser quittiert dem Eb. den Empfang von 7200 gd.,
zu denen er 1507 veranschlagt war. ct. Neue Sammlung II p. 104.
37. Buch der Anschläge, Neue Sammlung II p. 208, 216.
38. Das. p. 245 § 12 (259), 276 § 13, 282 § q, 296 § 16.
— 8t —
Geld zu leisten. Auf Kur-Trier entfielen dabei acht Mann
zu Roß und vierzig zu Fuß acht Monate lang zu unter-
halten39. Der Anschlag der Stände hat ganz die Form
des älteren gemeinen Pfennigs. Die Reichen sollen zwei
Gulden, die in mittelmäßiger Nahrung sitzen 1, die anderen
darauf ■1/2 gd. zahlen, arme Leute 6 albus, Dienstknechte 3,
Mägde 2, mindestens aber jeder der zum Sakrament geht
2 alb, Auch soll in der Weise des früheren gemeinen
Pfennigs die Steuer nach Pfarreien von geistlich und welt-
lich, edel und unedel erhoben werden40. Abgesehen von
dieser einen Abweichung hat sich die M atri kul a rum läge
immer an das bestehende System der Landsteuern ange-
schlossen.
4. Ritterschaft und Landsteuern. Das
Beedeedikt.
Es war bisher nicht nötig, die rei chs ritte rsch af tlich e
Bewegung in Trier mehr als flüchtig zu streifen. Sie be-
kommt ihren Anstoß recht eigentlich von den ständischen
Kämpfen um die Verteilung der Steuern, namentlich den
Reichssteuern kommt dabei eine besondere Bedeutung zu.
39. Das. p. 322 § 101, 354.
40. Buch der Anschläge. Daß der Adel damals tatsächlich mit-
gesteuert hat, geht ans den Heberegistern der Stadt Koblenz her-
vor, wo Dietrich v. Dietz als Edelbürgermeister und Junker Frank
v. Cronenberg stehen; in dem Register von 1522 fehlen beide, ob-
schon sie bei der Erhebung selbst tätig sind. Die Register im
Koblenzer Stadtarchiv (im St. A.) Akten XTX nr. 497. — Für
Jülich-Berg ist gleichfalls für das Jahr 1532 ganz vereinzelt eine
Kommunikantensteuer bezeugt, an der sich ebenso der Adel per-
sönlich beteiligte, cf. Landständische Verfassung III 1 p. 78, 2 p. 1.
Die schwäbische Ritterschaft willigte damals zum erstenmal in eine
Türkenhilfe.
— 82 —
Eine persönliche Steuer der Ritterschaft hat es in Trier
nicht gegeben. Auszuscheiden ist dabei der gemeine Pfen-
nig von 1542 und 1544. Abgesehen davon läßt sich nur
bei der eben besprochnenn Reichssteuer von 1532 eine Be-
steuerung der Ritterschaft nachweisen. Eine solche hat
sonst nur in dem Sinne bestanden, daß ihre Hintersassen
zu Landsteuern herangezogen wurden. Dies ist zum ersten
Mal bezeugt im Jahre 1501 und 1502. Vielleicht ist vor-
her die Landsteuer noch nicht auf adlige Untertanen aus-
gedehnt worden, denn es ist auffällig, daß bis dahin bei
den Steuerverhandlungen immer bloß Geistlichkeit und Land-
schaft genannt sind41. Aber auch nach 1502 ist von einer
Steuer der adligen Hintersassen nicht mehr die Rede. 1505
wird von Städten, Pflegen und Landschaft eine zweijährige
Landsteuer, 1522 eine Reichssteuer von 14 0000 gd. in dem-
selben Jahr von den Weltlichen in der Sickingenschen Fehde
1360 gd. 20'alb. gezahlt42, nirgends werden dabei die adligen
Bauern genannt. Für ihre Steuerfreiheit bis zur Mitte des
XVI. Jahrhunderts spricht ein Revers Erzbischof Johanns
von Isenburg vom 13. Oktober 1548, dem Grafen Philipp
v. Nassau-Saarbrücken ausgestellt43. Der Graf hat zuge-
geben, daß seine „Untertanen (natürlich nicht im staats-
rechtlichen Sinne) und leibsangehörigen, die bis anher
unsern (des Erzbischofs) vorfarn seligen und stift kein
Steuer oder schatzong haben gegeben uns itzo
gleich andern unsern undertanen die dreijerige hievor uf
unserm . zu Trier gehaltenen lanttage (1547) gewilligte
Steuer geben und bezalen sujlen. Der Erzbischof ver-
spricht, diese Steuer in keine Konsequenz und Nachfolge
zu ziehen, sondern er wolle „bemelte seine (des Grafen)
undertanen nach bezalung dieser itzigen Steuer halten und
41. cf. p. 41.
42. Buch der Anschläge.
43. Hontheim II 714.
bleiben lassen, alles gestalt wie sie bei unsern vorfaren
seligen sind gehalten worden". Im selben Jahr schreibt
Alexander v. Braubach an die reichsritterschaftlichen Ein-
nehmer, der Bischof von Trier habe von seinen Unter-
tanen „Molbacher tals" (Ehrenbreitstein) Landsteuer er-
hoben, eine unerhörte Neuerung, aber er könne nun von
ihnen nicht zum zweiten Mal Steuer verlangen44. Den ge-
meinen Pfennig von 1542 und 1544 übernahm auch der
Adel, nicht so die als Matrikularumlage im letzteren Jahr
erhobene Defensionshilfe. Auf die Beschwerden der beiden
anderen Stännde wandte er vor, gemeine Ritterschaft des
Reichs sei dieser Steuer auf diesmal erlassen und er wollte
nur dann mitsteuern, wenn die Kurfürsten von Mainz und
Pfalz ihren Adel auch anschlügen. Schließlich verteilten
dann auch die beiden anderen Stände die Anlage unter sich
allein. 1547 forderte der Kurfürst eine dreijährige Land-
steuer und hier wiederholte sich der Streit in verschärfter
Form. Der zum 14. Februar nach Koblenz ausgeschriebene
Landtag wurde vertagt und zum 25. Juli nach Trier be-
rufen45. Die Ritterschaft weigerte für ihre Untertanen die
44. cf. R. R. VIII 1, t. a. II, 744. — cf. hierüber auch die
Notiz vom Landtag ao. 151 5 bei Hontheim II 603. Aus dem
Temporale Richard Greifenclaus St. A. A. I, 1, 23 nr. 237. Der Eb. ist
dabei nicht direkt mit Steuerforderungen hervorgetreten, sondern
bittet seine Stände nur um Rat wegen der großen Schuldenlast des
Stifts. Geistlichkeit und Landschaft antworten darauf, wenn s.
ch. gn. Not angehe, wollten sie ihm mit Leib und Gut beistehen,
Grafen, Herren und Ritterschaft blos, sie seien bereit, dem Kf.
nach ihrer Schuldigkeit zu raten. Der Eb. dankt den Ständen für
ihre Zusage: der Zuversicht, woe es darzu queme, daß es von
noeten wurde syn, die zween stende von den prelaten geist-
lichen, Stetten lantschaften wurden diese irer zusag nach und s. gn.
zu stuier kommen.
45. Proposition zum Landtag in Koblenz u. Notiz über den in
Trier in der JStadtbibliothek zu Trier.
— 84 —
Landsteuer, namentlich an den Orten, wo sie Hochgerichts
herr sei. Schließlich gab sie doch soweit nach, daß ihre
Hintersassen, soviel im Erzstift gesessen, gleich den anderen
Untertanen des Erzstifts in die Landsteuer mit einbezogen
würden, daß sie hingegen selbst für ihre Person, Hab
und Gut jetzt und zukünftig nicht beschwert werden solle.
Am Ende des Jahres 1548 kam eine Reichssteuer hinzu,
bestehend in einem Romzug und einem Vorratsgeld, das
in der Form der Kammerzieler umgelegt wurde. Der Reichs-
tag hatte beschlossen, daß die Fürsten dazu alle Unter-
tanen, exempt oder nicht exempt, gefreiet oder nicht ge-
freiet, belegen könnten46. Von neuem erhob sich jetzt auf
dem Landtage vom 19. November der Zank mit der Ritter-
schaft. Doch kam es endlich unter Vermittlung des Dom-
kapitels zu einer Einigung, nach der wiederum die adligen
Hintersassen besteuert, die Ritterschaft frei bleiben sollte.
Beide Teile, Kurfürst und Adel, behielten sich für den
Fall einer neuen Reichssteuer oder eines gemeinen Pfen-
nigs ihre Rechte vor. Am 3. Dezember 1548 wurde über
diese beiden letzten Landtage ein förmlicher Vertrag
zwischen Ritterschaft und Erzbischof aufgesetzt, der vom
Kurfürsten, dem Domkapitel, dem Erbmarschall v. d. Leven
und vier anderen Rittern besiegelt wurde47.
Eine besondere Schwierigkeit bereitet in diesem Ver-
trage der Umstand, daß von der Ritterschaft ihre Hoch-
gerichtsherrlichkeit als Kriterium für die Steuerfreiheit ihrer
Hintersassen heranngezogen wird48. Die- einzige Quelle
46. cf. h. 110 ff.
47. Abgedruckt bei Scotti I nr. 81, Hontheim II p. 738,
Original in zwei Ausfertigungen mit den Siegeln St. A., A. 3
169 a— b.
48. Aehnliche Ansprüche machte der im bayrischen Löwen-
bund geeinte Adel. Er wollte nicht nur seine Eigenleute, sondern
auch Vogtei-, Lelms- u. Gerichtsleute steuerfrei haben. Riezler, Ge-
schichte Bayerns, III 532 ff.
— 85 —
über derartige Ansprüche ist eben diese Urkunde, spätere
knappe Andeutungen in den Landtagsakten bringen nichts
neues hinzu. Die Ritterschaft behauptet, an den Orten,
wo sie Hochgerichtsherr sei, hätten ihre Untertannen nie
Landsteuer gezahlt. Noch verwickelter wird die Sachlage
dadurch, daß auch der Erzbischof unterscheidet zwischen
ritterschaftlichen Untertanen, die von altersher zur Land-
steuer mitbelegt worden seien und solchen die von alters
gefreit waren ohne daß nach seiner Darstellung die Hoch-
gerichtsherrschaft auf diese Scheidung einen Einfluß aus-
übte49. Fügen wir hinzu, daß die letzte Landsteuer mit
ziemlicher Gewißheit 1522 — 1523 also vor 25 Jahren er-
hoben worden ist (die Reichssteuer vonn 1532 sowie der
gemeine Pfennig nehmen eine gesonderte Stellung ein) und
daß wir einigen Grund hatten, anzunehmen, die ritterschaft-
lichen Hintersassen seien bis dahin überhaupt steuerfrei
gewesen, so ist nicht ausgeschlossen, daß beide Teile über
ihre herkömmlichen Rechte sehr schlecht unterrichtet waren50.
49. „so vil aber denselbe arme angehörige, in unserem erzstift
gemessen, belangt, daß diejenigen, so von alterhere von unseren
Vorfaren seligen und löblicher Gedachnus in gemelte Landsteuern
belegt worden, sie seien gleichwohl in der von der Ritterschaft
hochgerichten gesessen oder nit, dieselbigen hinfüro jederzeit im
Fall der Notdurft zu erlegen und gehorsamblich zu entrichten
schuldig sein, denjenigen aber, so derselben jederzeit gefreiet ge-
wesen und nichts gegeben haben, die damals beschehene Bewilli-
gung kein Nachteil oder Zugang geben soll." Unter den letzteren
sind vielleicht die Leibeigenen zu verstehen cl. p. 56. Das Feuer-
buch von 1564 vermag über jene Streitfrage leider keinen Auf-
schluß zu geben. Es hat zwar genaue Berichte über die Steuer-
erhebung vom Jahre 1556, aber damals hat der Adel — zum
letzten Mal — gewilligt, daß alle seine Hintersassen ohne Unter-
schied in die Landsteuer einbezogen würden. — Ueber die Gerichts-
verfassung siehe unten.
50. Wie kurz und unzuverläßig das Gedächtnis der Stände war.
- 86 -
1551 erhob sich der alte Streit unter denselben Um-
ständen. Der „Vorrat" von 1548 sollte gegen Magdeburg
verwendet, sogleich aber von allen Untertanen, exempt
oder nicht, ergänzt, auch der gemeine Pfennig von 1544
abgeliefert werden. Die Geistlichkeit willigte gleich in den
gemeinen Pfennig, übernahm auch vom Vorratsgeld den
dritten Teil51. Die Ritterschaft verhielt sich gegen beides
ablehnend. Sije, weigert sich überhaupt, in Steuerfragen
sich mit der Landschaft in Unterhandlungen einzulassen,
doch wolle sie sich versehen, daß die Stedt Pfleg und
Landschaft ihrem gnädigen Herrn gebührlichen Gehorsam
leisten und alsolche) Antwtort geben wollten, daran ihr
gnädigster Herr kein Ungefallen haben möchte.
Immerhin gab die Ritterschaft wiederum soweit nach
wie 48, unter ausdrücklicher Beziehung auf den Vertrag.
Der Erzbischof entließ sie mit dem Vorbehalt, sein Recht
und Gerechtigkeit entweder in Güte oder mit Recht zu ge-
legener Zeit mit ihr zu erörtern53. Er hatte wohl in Vor-
aussicht des Streites die Landschaft zu überlisten gesucht,
indem er einfach die Bewilligung der Reichssteuer von ihr
verlangte ohne eine bestimmte Summe zu nennen. Es war
um so mehr zu befürchten, daß die übrigen 2/3 auf ihr
haften blieben, als auch die Geistlichkeit nicht weiter mit
ihr verhandeln wollte, sondern sich schleunigst mit dem
Kurfürsten ihrer Antwort verglich. Die Landschaft war aber
beweist eine Besprechung der Ritterschaft auf dem Landtage von
1566 R. R. VIII 4: sie wüßten sich zu erinnern, daß sie sich
ungefähr 1542, bei Gelegenheit der Offensiv- und Defensivhülf
(war 1544) von Eb. Johann Ludwig hätten überreden lassen, daß
sie derzeit in gemeine Landschaft trügen, dagegen ihr ch. gn.
aber samt dem Domkapitel unter Siegel Verheißung getan habe
(1548), die man im Fall der Not auflegen könne, daß dergleichen der
Ritterschaft nicht mehr zugemutet werden solle.
51. t. 1. V.
53. R. R. II 8. Die Proposition und der Abschied der
Ritterschaft.
— 87 —
so vorsichtig, erst die Angabe einer bestimmten Summe zu
verlangen und nun kam er mit der Forderung von 6000 Old.
heraus. Städte und Pflegen weigerten sich aber hartnäckig
mehr als ein Drittel der Gesamtsumme zu übernehmen, wenn
der Kurfürst daran kein Genüge hätte, müßte die Landschaft
leiden, daß der Artikel der Ungleichheit durch das Kammer-
gericht erklärt werde. Auch eine erneute Berufung zum
10. Juni 51 und die Drohung einer Klage beim Kammer-
gerichts-Fiskal vermochte die Landschaft nicht weiter zu be-
wegen. Für den Landtag von 1552 sind die Nachrichten nur
sehr dürftig. Ganz in der alten Bahn von 48 und 51 be-
wegen sich die Verhandlungen noch einmal 155654. Zum
letztenmal willigt hier die Ritterschaft in eine gleichmäßige
Besteuru..g ihrer Hintersassen. Städte und Landschaft
wurden diesmal schwieriger denn je. Sie wollten eine Steuer
nur unter der Bedingung auf sich nehmen, daß auch der
Adel persönlich gleich ihnen dazu herangezogen werde.
Zweimal mußte der Landtag neu einberufen werden.
Schließlich bewilligte die Landschaft 40 000 Tlr. (100 000 die
Gesamtsumme), nicht ohne daß der Kurfürst die Verpflich-
tum übernahm, die Ritterschaft als den dritten Stand s. ch.
gn. vermittels austräglichen Wegen des Rechtens vorzu-
nehmen. In eine neue Phase trat der Kampf 1557. Zur
Verhandlung kam ein doppelter, achtmonatlicher Römerzug
gegen den Türken. Die Ritterschaft, nur in geringer Zahl
erschienen, weigerte diesmal jede Steuer mit der Begründung,
sie sei bei Reichssteuern jederzeit in den rheinischen Ritter-
kreis gezogen worden und ihrer etliche hätten bereits ihre
Gehorsamkeit dorthin erzeigt. Doch schien sie guten Willen
zu haben, den Streit endlich durch einen rechtlichen Austrag
aus dem Wege zu schaffen. Beide Parteien einigten sich
dahin, daß jede ihr Recht in einzelnen Artikeln aufstellen
54. Abschied der Ritterschaft R. R. VIII, 21. — 13. juny
Landschaft, t. a. I 805, 15. july 85g, 31. juli 862.
— 88 —
und beide darauf ihre Gegenschrift verfassen sollten. Diese
wollte man zwei Kommissaren in Köln, dem Offizial da-
selbst und einem anderen Rechtsgelehrten übergeben. Diese
beiden sollten nun die Sache soweit verhandeln und fördern,
daß sie zur Urteilssprechung reif sei und dann die Akten
versiegelt an das Kammergericht übersenden, damit dort
das Endurteil gefällt werde. Zuerst war man anscheinend
beiderseits guter Hoffnung, die Sache nun bald erledigt zu
sehen, denn die Ritterschaft genehmigte weiter, daß sie die
Türkensteuer soweit sie noch nicht in den rheinischen Kreis
gesteuert habe, nach Koblenz in eine besondere Truhe liefern
und dieses Geld je nach Entscheid des Kammergerichts dem
Kurfürsten oder dem Kreis überantworten wolle55.
Weil nun aber nur sehr wenige in Cochem versammelt
waren, beschloß man zunächst die Abwesenden nach Zell
zu berufen. Hier mochte es der zahlreich versammelten
Ritterschaft denn doch bedenklich vorkommen, sich auf den
richterlichen Entscheid einzulassen. Kurz, sie erklärte, sie
sei zu allem bereit, was getreuen Lehensmannen und Land-
sassen ihrem Herrn zu leisten gebühre, aber was die Türken-
steuer anbelange, so habe die römische königliche Majestät
sie schon in den rheinischen Kreis erfordert56. Damit hatten
sich die Aussichten auf eine rechtliche Beilegung zerschlagen
und der Adel sich nicht blos persönlich, sondern auch für
seine Untertanen zum ersten Mal seit 1532, von allen Steuern
abgesondert.
Der Erzbischof ließ sich zwar vernehmen, er gedenke
darin nicht nachzugeben, sondern den Adel auf gebührliche
Wege vorzunehmen, aber es blieb noch lange bei dieser
Drohung und nur die äußerste Hartnäckigkeit der Land-
schaft sorgte dafür, daß die Ritterschaft sich nicht still-
schweigend absonderte. Jene war stets das treibende Ele-
55. Abschied der Ritterschaft R. R. II 8, VIII 21.
56. t. 1. V.
— 89 —
ment, wie auch der rheinische Ritterkreis sich äußert, der
Kurfürst betriebe die Sache nicht so sehr als die Landschaft57.
Sie griff immer wieder zu dem bewährten Mittel der Steuer-
verweigerung58. So brachte sie es endlich doch so weit, daß
der energische Jacob v. Elz mit dem Prozeß ernst machte.
Nach langer Pause (seit 66) berief er zum 16. Februar 1576
einen Landtag nach Koblenz59. Die beiden Stände gingen
nicht ehe: an die Verhandlung der Proposition heran, bis
ihnen der Kurfürst für sich und seine Nachkommen und
das Domkapitel die Zusage gemacht hatte, ohne Säumnis
gegen die Ritterschaft rechtlich vorzugehen, und er leitete
denn auch den Prozeß am Kammergericht ein. Am 3. Juli
1577 erfolgte die Vorladung der Ritterschaft60. Durch seine
endlose Verschleppung sollte der Prozeß sie schließlich doch
an ihr Ziel führen.
Kurz zusammengefaßt ist das Resultat der bisherigen
Untersuchung etwa folgendes: Die außerordentliche Be-
steuerung im Erzstift Trier zeigt eine zunehmende Neigung
den Kreis der steuerpflichtigen Personen zu erweitern. Bis
gegen Ausgang des Mittelalters wurde nur die Geistlichkeit
zu Subsidien herangezogen. Die starke Verschuldung des
Erzstifts im 15. Jahrhundert und der Widerstand der Geist-
lichkeit nötigten dann den Erzbischof, auch Städte und Land-
schaft mit Landsteuern zu belegen. Dem Adel gelang es bis
zum Jahre 1532 sich persönlich und wahrscheinlich (mit Aus-
nahme von 1501 02) auch seine Hintersassen steuerfrei zu
halten. Um diese Zeit stellen die Reichssteuern, hervor-
gerufen namentlich durch die Türkenkriege, neue An-
sprüche an die Steuerkraft des Territoriums. Die beiden
57. cf. den Abschied von Mainz 1577. t. a. II 787.
58. cf. die Verhandlungen von 1564, t. a. 812, 66, R. R. VIII. 4.
59. t. a. I, 830, Verhandlungen der Ritterschaft R. R. VIII 4,
II 8 p. 117.
60. R. R. VIII 3 n. 1 p. 85.
— 90 -
anderen Stände machen daher besondere Anstrengungen,
auch den Adel mit samt seinen Untertanen zu belegen. Es
kommt ihnen in diesem Bestreben entgegen die entschiedene
Tendenz der Reichssteuern, alle Untertanen des Reichs ohne
Unterschied des Standes und der ständischen Vorrechte zu
treffen. Im gemeinen Pfennig prägte sich diese am offen-
kundigsten aus, jedoch suchte man 1548 u. 1551 diesen
Grundsatz auch für die Matrikularumlagen zu retten. Nament-
lich die Landschaft griff diese Tendenz mit Leidenschaft auf,
sie erreichte aber nur den vorübergehenden Erfolg, daß
von 1532 — 1556 sämtliche Untertanen des Adels gleicher-
weise wie alle anderen stiftseingesessenen Bürger und
Bauern besteuert wurden. Alle persönlichen Abgaben, etwa
wie in Jülich-Berg in der Form einer Rentensteuer, verweigert
er mit Berufung auf seine altadelige Freiheit und seine Ver-
pflichtung zum Lehnskriegsdienst61. Dem Andrängen der
beiden anderen Stände gegenüber wendet er sich, wie unten
noch darzustellen ist, allmählich dem rheinischen Ritterkreis
zu und löst sich nach und nach völlig von der Trierischen
Landeshoheit los, wird reichsunmittelbar.
Eine unmittelbare Folge der Absonderung des Adels
war die Beschränkung des freien Güterverkehrs.
Bereits im Mittelalter hatten die Kurfürsten vielfach den
Anspruch erhoben, daß bürgerliches Gut von Adeligen und
namentlich auch der toten Hand nur unter der Bedingung
erworben werden dürfte, daß die darauf ruhenden bürger-
6i. cf. die Antwort, die der Graf von Manderscheid auf dem
Landtag zu Trier dem Abt von Laach als Gesandten der Geistlich-
keit gibt (Freiherr von Winnenberg im t. a. I 409) : .... es hett
aber gar ein ander gestalt mit grafen, herren und ritterschaft.
Wann dieselbige in notfeilen als lehenmann erfordert'^ würden,^ so
setzen sie sich auf ein vierlüßig tier und nemen ein dannen speer
in die faust und rennen daher, schützen und schirmen und reiben
soviel als sie können, das sei ir tun ... — Dieselbe Entschuldigung
bei der Jülichschen Ritterschaft 15 13 Ldst. Verf. III 2 p. 11.
— 91 —
liehen Lasten mit übernommen würden62; aber immer nur
bei Einzelfällen, nicht generell, stellte der Landesherr diese
Forderung auf, die dann auch keine praktische Bedeutung
erlangte.
Als nun seit 1557 der Adel jede Landsteuer von seinen
Untertanen verweigerte, gingen die beiden anderen Stände
den Erzbischof an, er möchte wenigstens dafür sorgen, daß
der Adel von allen Gütern, die er seit Menschengedenken
erworben habe, die Steuer entrichte, Es sei ihnen sonst
auf die Dauer nicht mehr möglich, die Steuer nach der alten
Taxe aufzubringen, da der Adel täglich Güter ankaufe63.
Infolgedessen erließ nun Jacob v. Elz 1569 am 18. April
ein Landesgesetz, durch das jeder Uebergang von bürger-
lichem Gut an Geistliche und Adlige verboten wurde, der
Erwe'fber habe sich denn zuvor verpflichtet, alle darauf
ruhenden Beeden, Dienste und gemeinen Lasten zu tragen64.
Auf dem nächsten Landtage, 1576, beschwert sich dagegen
einerseits der Adel und beansprucht völlige Abgabenfreiheit
auch für alle Güter, die er jetzt oder künftig erwerbe, die
beiden anderen Stände ihrerseits bitten um strengste Be-
obachtung des Edikts65. Der Kurfürst kam ihren Wün-
schen dadurch entgegen, daß er seine Verordnung von 1569
.im Jahre 1576 wiederholte mit dem verschärfenden Zusatz,
jdaß der Erwerb ungültig sei, wenn jene Verpflichtung nicht
übernommen sei. Außerdem sollte datin der Verkäufer den
Kaufpreis als Strafe zahlen und die Gemeinden hiervon zur
Verbesserung ihrer Wachsamkeit die Hälfte erhalten66.
Eine Fülle von Zeugenaussagen bestätigt uns, daß man
das Edikt nun in allen Teilen des Landes beobachtete, aber
62. cf. Weiß a. a. O.
63. Abschied von 1566, t. a. II 246.
64. Scotti I nr. 107.
65. Abschied t. a. I 830.
66. Scotti I n. 117.
— 92 -
auch, daß der Adel bisher keine Verpflichtungen beim Er-
werb von Gütern mit übernommen hatte67.
5. Die Besteuerung der Landschaft.
Die Akzise.
Die Hauptlast der Land- und Reichssteuern wurde im
Laufe des 16. Jahrhunderts je länger je mehr auf die Land-
schaft abgewälzt. Die Steuerpflicht erstreckte sich auf alle
bäuerlichen und bürgerlichen und bürgerlichen Untertanen
des Erzstifts, auf jeden „im Erzstift oder des hochgerichten
gesessenen und mit thorn und nagel darin beschlossenen. "
So lange die adligen Untertanen mitsteuerten, genossen sie
darin keinen Vorzug vor den anderen weltlichen Untertanen.
Sie wurden ebenso hoch angeschlagen, ihre Beiträge flössen
ebenso wie die der geistlichen Hintersassen in die Land-
schaftskasse68. Das Feuerbuch von 1564, welches genau ver-
zeichnet, wo und wie die Landsteuer von 1556 erhoben
wurde, bestätigt dies für alle Teile des Stifts.
Für die Austeilung und Erhebung der Landsteuer wandte
man die Verbindung des Repartitionssystems mit einer
Quotitätssteuer an.
Die bewilligte Steuersumme repartierte man auf die
Städte- und Amtsbezirke, in diesen wieder auf die einzel-
67. t. a. I 169; 205, 220, 319, 608, 621, 652, 660, 668, 690, 737.
68. In Cöln zahlten die Halbwinner des Klerus von Gewinn
und Gewerbe nur ^4 vom Anschlag der anderen Bauern. In Jahr-
hunderte langem Streit suchte die Landschaft ihnen den vollen
Anteil aufzubürden. Jeder Adlige hatte einen adligen „säß" steuer-
frei, cf. Walter, Das alte Erzstift und die Reichsstadt Köln,
1866 p. 187, 190.
— 93 —
nen Flecken und Dörfer70. Bei einer neuen Belegung wurde
dann jedesmal die alte Taxe, entsprechend erhöht oder
erniedrigt, zugrunde gelegt. Die Abschätzung der Steuer-
kraft des einzelnen Bezirks mußte naturgemäß höchst un-
vollkommen ausfallen. Die einkommende beede konnte dazu
kaum verwertet werden, weil einerseits die geistlichen und
ritterschaftlichen Untertanen größtenteils beedefrei waren
und diese andererseits vielfach teilweise oder gar voll-
ständig den Händen des Landesherren entzogen war71. Einen
gewissen Anhalt mochte das Feuerbuch von 1564 geben, in
dem alle Feuerstellen, d. h. selbständigen Haushaltungen ver-
zeichnet stehen.
In den 1564 von den Ständen eingereichten schriftlichen
Beschwerden wegen ungleicher Veranlagung72 beklagt sich
dann auch die Stadt Oberwesel, daß sie nach der ermittelten
Zahl ihrer Feuerstellen viel zu hoch angeschlagen sei im
Vergleich zu den anderen Städten.
Ein besseres Korrektiv besaß man aber dadurch, daß
die also repartierte Summe von den einzelnen Unterbezirken
nicht in beliebiger Weise aufgebracht, sondern jedesmal nach
einer bestimmten, für das ganze Land gemeinsamen Quote
umgelegt wurde. Wie man diese beiden Faktoren, Repar-
ation und Quotisierung vereinigte, zeigt ein Erlaß Erzbischofs
Lothars vom 20. März 161473. Es sollte danach jede Feuer-
70. Die mir bekannt gewordenen Repartitionslisten, vier an der
Zahl 1501?— 64, sind im Anhang beigefügt.
71. cf. zweiten Teil.
72. t. 1. 10a.
73. Scotti I nr. 176. In Cöln fanden bereits im XVI. Jhdt.
häufiger eigene Deskriptionen zur Festsetzung der Taxe statt, die
von Amtleuten und Gerichtspersonen, Magistraten und städtischen
Beamten vorgenommen wurden. Jeder mußte dabei sein Vermögen
angeben, das zu 5% veranschlagt wurde, so 1514, 57, 75, 99.
Walter p. 195, 1 a. In Jülich-Berg hatte man blos das Repartitions-
system, innerhalb der einzelnen Bezirke war demnach Belastung
und Quote nie gleichmäßig, cf. Ldst. Verf. III 2, p. 24, 66.
_ 94 -
statt zunächst zu 1/2 Gld. Rauchgeld veranlagt und dann
jeder Einwohner nach seinem Vermögen eingeschätzt
werden. Wenn nun jede Stadt, Flecken, Dorf und Pflege
in dieser Weise veranschlagt sind, soll die also berechnete
Summe fortan als Taxe gelten, nach der die Landsteuer
repartiert wird. Solche besonderen Descriptionen zum
Zwecke der Repartition sind im 16. Jahrhundert in Trier
noch nicht nachweisbar, es ist anzunehmen, daß die Listen
auf den einzelnen Landtagen nach dem Ergebnis der letzten
Erhebung jedesmal korrigiert wurden, von den erhaltenen
stimmt wenigstens keine mit den anderen genau überein74.
Die Steuer der Landschaft trug den Charakter einer
rohen Vermögenssteuer. Alle bewegliche und unbewegliche
Habe, Einkünfte, Renten und Gefälle usw. wurden kapitali-
siert und das also berechnete Kapital, das „Hauptgut", nach
einer bestimmten Quote besteuert. Genaue Instruktionen
hierfür sind erhalten aus den Jahren 1501, 32, 56, 64 und 6675.
Die älteren von ihnen brauchen nur den Begriff Hauptgut,
seit 1556 wird dieser in immer eingehenderer Wreise er-
läutert: Alle fahrende Habe, Silbergeschirr und Kleinodien,
liegende Güter, Wiesen und Weiher, Häuser räch Maßgabe
ihres Mietswertes. 1566 alle Gebäulichkeiten, auch Ställe
und Scheunen sollen angeschlagen werden. Hausrat wurde
1564 ausgenommen. Für Naturairenten ist 1566 ein be-
stimmter Geldwert festgelegt worden, für das Malter
Korn 2 gd 27 alb
Weizen 2 „
Erbsen 2 „
Gerste 1 „
Hafer 1 „
74. cf. die Zusammenstellung der Repartitionslisten im Anhang.
75. i50ijo2imPerpetualeEb. Joh.St. A. A.1 1 nr. 17 auch im Buch der
Anschläge; 1532 Buch d.A. ; 56R.R. VlII -°o; 64 das.VIII 10; 66t.a.Il246.
Für Mainz veröffentlicht Bodmann eine entsprechende Instruktion,
aber ungleich detaillierter, bereits aus dem Jahre 1409? Bodmann II 792.
— 95 -
Dazu war zu rechnen Vermögen an Geld, Pfandschaften,
ausgeliehene Gelder. Gewerbe und Kaufmannschaft sollten
in gleicher Weise nach ihrem Ertragswerte angeschlagen
werden.
Der Steuerfuß wechselt von Fall zu Fall.
1556 und 1564 betrug er für 100 Gld. Hauptguts 74 gd
= 5% der entsprechenden Rente, diese wieder zu 5%
gerechnet, zur eilenden Reichssteuer von 1566 bestehend aus
einer einmaligen eilenden und einer dreijährigen beharr-
lichen Türkenhilfe 1/2 und 1 gd = 10 und 20%.
Die Gesamtvermögen wurden nur bis zu einer
gewissen Höhe veranlagt und blieben darüber hinaus
frei. 1501 war nach landesherrlichem Vorschlag
die Grenze 2000 Gulden, doch erhöhten Städte und
Pflegen diese für sich auf 10 000 gd. 1502 bildete (nur für
die ritterschaftlichen Hintersassen) 3000, 56: 4000, 64:
6000 gd. Die Höchstgrenze. 1566 war keine Höchstsumme
angesetzt76. 1564 blieb außerdem der Steuerfuß bis zu 1000
Gulden und von da an um je 1000 gd. bis zum Höchst-
betrage gleichmäßig bestehen.
1502 und 1556 ging dieses regelmäßige Aufsteigen nur
bis zu 1000 gd. = 2 bezw. 21/2 gd. Steuer, von da an
betrug sie nur noch 1 bezw. 1/2 gd. für jedes 1000.
Was die ganz geringen Vermögen angeht, erhob man
1501 bei jedem Ehepaar, das unter 100 gd. Hauptguts hatte,
4 albus, von jedem, der zum Sakrament ging und sonst
nichts zahlte, 1 albus. Eine solche beschränkte Kommuni-
76. Doch ist zu berücksichtigen, daß jene Summen so hoch an-
gesetzt sind, daß im Kurstaate, selbst in den Städten nur sehr wenige
ein entsprechend hohes Vermögen besessen haben dürften. Bei-
spiele für die Höhe der Kapitalansammlung in Südwestdeutscbland
im XV. Jhdt. in der Wirtschaftsgeschichte von Kötzschke in Meisters
Grundriß der Geschichtswissenschaft p. 125.
— 96
kantensteuer kehrt sonst blos noch 1532 wieder (2 alb.)77.
Doch erhob man auch 56 von den ganz kleinen Leuten
wenigstens 2 batzen bezw. 1/2 Ort. Auch Tagelöhner und
Handwerker, die zur Miete wohnten (in gelehnten Häusern),
sollten nicht übergangen, nur offenkundig arme Leute ver-
schont werden.
Eine besondere Gesindesteüer findet sich 1501, 1502,
1532, wo der Knecht zu 4, 2, 3, die Magd zu 2, 1, 2 albus
veranlagt wurden.
Bei der Veranlagung hatte ein jeder selbst bei hanc
gebender Treu sein Vermögen einzuschätzen. Zur Ein
Schätzung und Einnahme sollen in den Städten vier ehr-
bare und verständige Personen, die eines jeden Gelegenheit
ungefährlich wissen, verordnet worden, und zwar zwei durch
den Rat, zwei durch den Erzbischof bezw. seinem Amtmann,
ebenso sollen in den Aemtern zwei ehrbare Schöffen, von
den Amtsverwandten dazu verordnet, und von seiten des
Kurfürsten der Amtmann jene Geschäfte besorgen. Konnten
diese mit jemanden wegen der Einschätzung nicht überein-
kommen, so sollte er unter Eid sein Vermögen anschlagen.
Die Dörfer lieferten die eingegangenen Beträge an die
Hauptstadt des Amtes, diese entweder direkt an den Kur-
fürsten oder an besondere ständische Obereinnehmer ab.
Die an der Aufhebung beteiligten erhielten' hierfür eine be-
sondere Vergütung oder man befreite sie von der Steuer78.
Terminversäumnis der Hebebezirke wurde 1564 mit
einem Gulden Strafe für den Tag belegt.
Am 23. Nov. 1562 erhielt der Kurfürst ein kaiserliches
Privileg, von jedem Maß Wein eine Akzise von 2 Pfg. zu
erheben78. Auf den Landtagen des Jahres 1564 gelang es
ihm jedoch nicht die Bewilligung der Stände hierfür zu er-
77. Ueber eine allgemeine Kommunikantensteuer in Jülich-
Berg 1532 cf. Ldst.-Verf. III, 2. Heft p. 1.
78. Scotti I nr. tot.
— 97
langen. Erst 1612 wurde durch landesherrliche Verordnung-
unter Zustimmung des Landtages eine Akzise auf Wein und
Bier eingeführt79.
6. Die Landsteuer der Geistlichkeit.
Auch nach der Vereinigung der Versammlungen des
Klerus mit dem Landtag wirkte die alte Trennung nach Ober-
und Niederstift in der Steuerverteilung noch nach.
Auf dem Landtage von 1501 bewilligte der Oberklerus
6, der niedere 3 subs. cons. und 1 in cons. zur Reichssteuer
1522 jener 12, dieser 17 subs. cons. und 1 in cons. Wie
lange es gedauert hat, bis diese Unterschiede sich aus-
geglichen haben, läßt sich nicht mehr nachweisen. Als 1598
auf dem Landtage vom Klerus Klage geführt wurde, daß
die Belegung ungleich sei, einigte man sich 1601 (23 Juni),
daß von etlichen dazu verordneten Prälaten ein gleichmäßiger
Anschlag errichtet werden sollte. Aus 10 aufeinanderfolgen-
den Jahren war hierzu das Durchschnittseinkommen zu be-
rechnen. Es wurde angesetzt
1 Malter jährlich
Hauptgeld
gd
Korn
100
Weizen
125
Erbsen
125
Gerste
80
Spelz
80
Hafer
50
Ohm Wein
100
Wagen Heu
50
4 gd Geldrente
100
Alsdann sind von jedem 100 gd. Hauptguts 2 batzen für
79. t. 1. V.
— 03 —
den Termin zu zahlen. Wie schon aus diesem Anschlag her-
vorgeht, war die Geistlichkeit nur mit einer Einkommen-
und Rentensteuer belegt. Steuerpflichtig waren alle inner-
halb der Landesgrenzen fälligen Renten, Auswärtige also
nur für ihre im Erzstift einkommenden Gefälle80.
Im Erzstift begütert^ auswärtige geistliche Korpora-
tionen, die nicht zum Diözesanklerus gehörten, waren auf
dem Landtage nicht vertreten81. Ursprünglich verhandelte
der Erzbischof gesondert mit ihnen, erließ ihnen auch wohl
ihre Steuer zum Teil wegen ihrer Verpflichtungen an den
eigenen Bischof, so noch 155682. Dann wurde es üblich,
daß diese Auswärtigen ohne weiteres in den Anschlag des
Diözesanklerus einbezogen wurden. 1576 finde ich das zum
ersten Mal bezeugt83.
Geistliche Obereinnehmer waren von alters der Siegeler
am Offizialat zu Trier und Koblenz84.
Für die Pfarrgeistlichkeit sammelten ihre Vertreter auf
dem Landtage, die Landdechanten, die Steuern ein.
Die im Mittelalter beliebten geistlichen Zwangsmittel
80. cf. die gravamina der weit-geistlichen Stände 1564 t. 1. 10 a.
Abt u. Konvent von Schönau i. Nassau bitten demütig : daß unser
arm gotshaus über die billichkeit seines inkommens so unser
gotshaus im ertzstift fallend hat (so gar gering) nit belegt werde.
81. cf. oben p. 48.
82. Hontheim II 777, 1556 2. dec. Abt u. Konvent v.
St. Pantaleon in Köln haben Abgeordnete gesandt, die sich mit
dem Eb. der fünfjährigen Landsteuer vertragen sollen. Dieser
quittiert den Empfang von 150 gd. und gibt sich damit mit Rück-
sicht auf die sonstige Belastung des Stifts zufrieden; cf. Honth. 1549,
17. febr. II 740.
83. Abschied t. a. I 830.
84. cf. Hontheim II 757, t 55 1 , 5. mar Der Dechant von
St. Castor soll an Stelle des erkrankten Siegelers die Reichs-,
Landsteuer und Palliengelder einnehmen und die Ungehorsamen
durch geistlichen Zwang zur gebührlichen Bezahlung anhalten.
99
wandte man auch im 16. Jahrhundert noch an, doch scheint
man es allmählich für angemessener gehalten zu haben, in
weltlichen Angelegenheiten auch bloß mit weltlichen Mitteln
zu wirken85.
Was das Verhältnis zwischen der Besteuerung von
Geistlichkeit und Landschaft angeht, so ist es nach Art
und Dürftigkeit der Quellen ausgeschlossen zu beurteilen,
in wie weit die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der beiden
Stände dabei angespannt wurde. Zum Vergleich kann nur
der Gesamtanteil an der Steuer gezogen werden.
Bis gegen Ende des 15. Jahrhunderts hat die Geist-
lichkeit die außerordentlichen Steuern allein getragen. Noch
in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts stellt sich das
Verhältnis für die Geistlichkeit sehr ungünstig. Bei der
sickingenschen Fehde zahlt sie ungefähr das Doppelte
(22 343 gd. gegen 10 660 der Landschaft). Aber im Laufe
des 16. Jahrhunderts ändert sich dies. Von der Defensions-
hilfe 1544 übernahm die Geistlichkeit nur noch 3/5 (12 000
gegen 8000 gd.), 1556 2/5 (40 000:60 000 Taler), 1576
Y4, seit 1603 endlich nur noch 1/5. Soweit die Akten erkennen
lassen, bringt die Geistlichkeit dabei stets die Entschuldi-
gung vor, daß die Reformation ihren Gefällen so erheb-
lichen Abbruch tue, auch erklärt der Kurfürst einmal selbst,
die Landschaft könne das Doppelte leisten wie der Klerus86.
Die Dinge liegen hier also umgekehrt wie in den welt-
lichen Territorien, wo man grade in der Reformationszeit
anfing, auch die Geistlichkeit zu besteuern.
Eine landschaftliche Kasse, die den Dualismus des alten
Ständestaats am handgreiflichsten zum Ausdruck brachte,
85. cf. n. 84. Hontheim III 167, 15QO, 18. sept. Vogt, Schultheiß
u. Schöffen zu Rübenach u. Vogt zu Lernen erhalten den Befehl,
den Personnten zu Lehmen, Kettig, Rübenach, welche dem
Ruralkapitel noch keine Reichs- und Landsteuer erlegt, ihre Renten
und Gefälle zu belegen, bis aller Hinterstand von ihnen ent-
richtet ist.
86. cf. Wolt p. 25 Der Klerus in Köln war in der zweiten
— 100 —
ist im 16. Jahrhundert in Chur-Trier erst in Ansätzen er-
kennbar. Im allgemeinen werden die Steuern, wenn die
ganze Summe beisammen ist, zum bestimmten Termin, bei
der Landsteuer immer Lichtmeß, den kurfürstlichen Depu-
tierten überliefert, nur selten bleiben sie im Verwahr der
Stände87. Bis 1576 sind geistliche und weltliche Kasse
durchaus getrennt gewesen, in diesem Jahre richtete man
zwei gemeinsame Kisten auf, eine zu Koblenz und eine
zu Zell, jede mit vier Schlüsseln, von denen weltliche und
geistliche je zwei bekamen. Seit dieser Zeit hat sich dann
auch die ständische Kasse selbständiger entwickelt. Die
Stände ernannten später selbst General- und Spezialein-
nehmer und nahmen ihre Kasse in eigene Verwaltung, auf
Anweisung der Direktoren wurden daraus dem Landrent-
meister die bewilligten Steuern bezahlt. Das gesamte
Quotations- und Repartitionswesen, an dem im 16. Jahr-
hundert noch der Kurfürst einen erheblichen Anteil ge-
genommen hatte, wie auch die Erhebung stand nach dem
Abschied von 1623 den Ständen zu, auf die landständische
Kasse in erster Linie richteten sich die Angriffe des absolut
gesinnten Philipp Christopf (1623—1652)88.
Hälfte des XV. Jhdts. so verarmt, daß er gegen die Subsidien-
forderungen selbst um Hilfe bitten mußte.
87. Abgesehen von den oben p. 42, 46 besprochenen Fällen
aus dem XV. Jhdt. und von 1501 nur von einer Kreisumlage im
Jahre 1552 nachweisbar t. 1. V, Abschied der Geistlichkeit.
88. Der Abschied von 1623 bei Hontheim III 299. Ueber den
Streit mit Philipp Christoph das. p. 201 ff.
— 101 —
1505
Andre Taxe
zur Zeit
Eb.-Jacobs
1522
Die alte
Taxe
vor 1564
1564
fl.auri. albus.
Trier
1080
Wesel (Stadt und zugehörige
Dörfer)
1100
1 100
990
750
59
17
Boppard (Stadt und Dörfer)
1100
1100
990
900
92
27
Loblenz (Madt und Amt)
1100
1 100
' 511
[Coblenz mit Rübe-
) nach, Horchheim,
I Weiss, Lützel,
' Neuendorf
460
Bergpflege
1 18
Ley
Keiner von Wesel für dieallein,
so in die Kelnerei gehören
12
12
11
Amt zu Boppard von den,
die in die Kelnerei und
das Galgenscheider
Gericht gehören
—
Amt Sternenberg (durch-
strichen)
Wdmich
60
90
90
S'adt Limburg
300
250
225
Amt Molsberg (Brechen Elz)
300
250
225
Stadt Montabaur
320
271
244
729
83
24
Amt Montabaur
320
243
243
Balduinstein
20
20
18
45
Hartenfels
20
20
18
Haselbach
10
10
9
Niederlahnstein
130
130
117
Capellen
20
20
18
Ehrenbreitstein
100
100
90
Vallendar (halbe Herr-
schaft)
120
130
118
Engers
30
31
28
Hammerstein
30
31
28
Leutesdorf
120
120
108
155
14
Arenfels-Höningen
30
31
28
Cobern
100
100
90
— 102 —
1505
Andre Taxe
zur Zeit
Eb. Jacobs
1522
Die alte
Taxe
vor 1564
1564
Polch
70
70
63
fl. auri.
albus
Alken
60
96
90
Münster-Maifeld
1000
1000
900
Stadt Maien
300
250
225
Amt Wernerseck (Ochten-
dunc)
50
50
45
Cochem
900
1100
990
1125
167!|2
Kaiserseck
25
25
23
Ulmen
30
30
27
Hemmische Pflege
1000
1100
990
Baldeneck
200
200
180
225
18
10
Beilstein
20
20
18
Berncastel Stadt u. Amt
400
350
315
Baldenau
300
250
225
150
23
17
St. Wendel Stadt u. Amt
200
200
180
128
26
Loewenburg
20
20
18
Bliescastel
20
50
45
St. Ingebrecht
10
Schmidtburg
25
25
23
67
5
10
Schwarzenburg
20
20
18
Hunolstein
125
125
113
135
18
20
Grimburg
300
300
270
Pfalzel
1100
1090
990
1125
181
131 2
Saarburg Stadt und Amt
500
550
500
525
104
4
Merzig
50
50
45
Welsbillig
100
100
90
135
28
30*18
Schönberg
—
270
Schöneck und Galgen-
scheider Gericht
—
45
Kilburg Stadt und Amt
140
140
126
150
20
24
Runenstein und Kondt
10
9
8
Wittlich Stadt und Amt
900
820
8L0
850
I161 2
Esch und Neumagen
70
70
63
150
13
3
Daun
300
300
270
440
80
10
Hillesheim
50
55
45
Schöneck (Eifel)
300
300
270
Caselberg
50
Kempenich
200
Manderscheid
300
300
270
— 103 —
Die Taxe von 1505 ist aus der Trierer Stadtbibliothek,
die von 1522 aus dem Buch der Anschläge entnommen.
Letztere enthält einen Vergleich, um wieviel eine „andere
Taxe" zur Zeit Erbischof Jacobs höher war.
In einer unvollständigen Liste der Feuerstätten enthält
das Feuerbuch von 1564 zugleich die vor dieser Zeit übliche
Taxe. Die dahinter stehende Summe (überschrieben: was
sie geben) ist genau nach dem Verhältnis der Feuerstätten
berechnet, daß diese von nun an allein zur Aufstellung der
Taxe gedient hat ist jedoch in hohem Maße unwahrschein-
lich weil auch die späteren Steuerinstruktionen noch an
der Steuereinschätzung festhalten. Möglich ist, daß neben
der Vermögenssteuer schon damals ein von jeder Feuer-
stätte zu erhebendes Rauchgeld von 1/10 gd. eingeführt
wurde. Nachweisbar ist diese Form der Besteuerung erst
später (cf. den Schirm- und Ehegulden).
Bemerkenswert ist, daß die Stadt Trier erst 1522 in
der Taxe auftaucht. Ihre Stellung zu den Bischöfen war
durch das ganze Mittelalter bestritten. Noch 1512, bei der
Anwesenheit des Kaisers Max trat sie als Reichsstadt auf.
1521 konnte sie den Wormser Reichstag nicht mehr be-
schicken und bat deshalb den Kurfürsten, die Rechte der
Stadt daselbst zu vertreten89. Erst seit dieser Zeit scheint
sie zu den Landsteuern herangeozgen worden zu sein.
Schöneck mit dem Galgenscheider Gericht, Schöneck,
Kempenich und Caselberg waren zu der Zeit, wo die in
der Taxe fehlen, verpfändet.
89. cf. Paul Haustein, Wirtschaftliche Lage und soziale Be-
wegung im Kurfürstentum Trier während des Jahres 1525. Hallenser
Dissertation 1907.
Lebenslauf.
Geboren wurde ich, Gustav Knetsch, evangelischer Konfession,
Sohn des Kgl. Oberzolleinnehmers Felix Knetsch und seiner Gattin
Wilhemine geb. Reese, am 2. Februar 1885 zu Straelen, Kreis Geldern.
Ostern J891 kam ich auf die Volksschule zu Herbestal, Kreis Eupen, Ostern
1895 auf das Kgl. Friedrich-Wilhelms-Gymnasium zu Köln, Oktober 1896
auf das damalige Progymnasium zu Boppard, Ostern 1901 auf das Kgl.
Gymnasium zu Koblenz, das ich am 13. März J904 mit d^m Reife-
zeugnis verließ.
Im Sommersemester 1904 wurde ich an der Universität Bonn,
Sommer 1905 in Freiburg, Sommer 1906 wieder in Bonn immatrikuliert.
Am 26. Mai 1909 bestand ich die mündliche Doktorprüfung.
Die Lehrer, denen ich meine historische, philologische und philo-
sophische Ausbildung zu verdanken habe, waren vornehmlich die
Herren Professoren und Dozenten
in Freiburg: v. Below, Wahl; Kluge;
in Bonn: v. Bezold, Lewison, Ritter, Schulte; Litzmann, Schulz,
Wilmanns; Elter, Usener; Erdmarin.